RS 21

ZwiSCHKN STATISCHEN RECHTSKATEGORIEN 135 wcrden, so bleibt nur die positive Rechtslehre - und das ganz einfach, weil die Rechtsanwendung nicht abwarten und die Realisierung einer funktionierenden Verbindung von Theorie und Praxis erwarten kann. Es erschien deshalb als kluger, auf wissenschaftliche Ambitionen zu verzichten und sich statt dessen darauf einzurichten, alien neuen Konstellationen imRechtsleben auf eine kreative Weise zu begegnen. J.F. Reitemeier lingdie Problematik der Situation auf folgende Weise: Alle diese Grundsatze des abstrakten Teils aber enthalten nur die allgemeinen Griinde des Rechts und reichen bei weitem nicht bin, den Geist dcr Gesetze vollständig zu erhalten. Denn es sind von einemsehr grofien Teile der positiven Gesetze die Griinde bald ganz bald teilweise aus den individuellen Umständen und Einrichtungen der wirklichen Staaten zu erklären. Es war daher nicht der rechte Weg eingeschlagen, wenn man vormals die Griinde der römischen Gesetze aus den allgemeinen Grundsatze und zwar aus dem strengen Naturrecht ableitcn wollte, auch wurde der sichtbare Zwang, mit welchem dieses geschah, sehr bald andern ein Wink diesen Weg nicht zu betreten, und cs schien auch wirklich ratsamer zu sein, lieber auf die alte Weise das positive Recht mit Vernachlässigung seiner Griinde blob als eine Wissenschaft fiir das Gedächtnis zu bearbeiten, als nach Art jener Naturalisten in der Jurisprudenz den Philosophen zu spielen.-‘^ Die Thcoric dcs Rechts kann natiirlich fur den wissenschaftlich Gebildeten interessant sein, aber sie taugt nicht dazu, realistische Antworten auf ständig wechselnde Fragen der juristischen Praxis zu geben. Oder mit anderen Worten: Man nähert sich bedenklich einer Bankrotterklärung des wissenschaftlichen Argumentationsgrundes. UmFries nochmals zu zitieren: Wer also mit einer handwerkmalhgen Tätigkeit zufrieden ist, der bedarf der philosophischen Untersuchungen fiir die Rechtslehre nur sehr wenig. Nur demjenigen, den das Selbstdenken um sein selbst willen interessiert, der nicht zufrieden ist, sich die mechanischen Fertigkeiten, welche irgend ein Geschäft fordert, verschafft zu haben, sondern sich auch iiber die ganzen Verhältnisse, die Zweeke und endlich Beziehungen dieses Geschäfts zu verständigen sucht, also nur demgebildeten, denkenden Rechtsgelehrten wird die philosophische RechtsIchrc ihr holies Interesse zeigen, das sie schon sonst fiir jeden gebildeten Menschen haben muik-’° Das Argument „statische Rechtskategorien“ imeuroparechtlichen Kontexte: ein neues ius commune? Mit kritischem Hinweis auf eine iiberholte Wissenschaftsauffassung sprach Bernhard Windscheid in einer akademischen Festrede am Ende des 19. Jahrhunderts seinen beriihmten Richterspruch iiber das Naturrecht: „Es gibt fiir Rcitcmcier, J. F., Encyklopiidie und Geschichte der Rechte in Deutschland, 1785, S. XVIII. 30 Fries, S. XII-XIII.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=