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ZwiSCHEN STATISCHEN RECHTSKATEGORIEN 127 des Rechts formend oder normierend auf das Verhalten des Menschen zu wirken. Wie oben schon erwähnt, ging deshalb die wahre Jurisprudenz nicht direkt aus dem positiven Recht hervor, sondern mufite durch philosophisches Denken extrahiert werden. Unter Hinweis auf Cicero fomuliert Christian Wolff den Vorgang auf folgende Weise: Non cx duodecimtabulis, nec ex cdicto praetorum, sed pcnitus ex intima philoSophia juris scientiamhauriendamesse.'° Damit wird es eine Aufgabe der Vernunft, den apriorischcn Grund dcs positiven Rechts zu finden. So wie die Theorie aufgebaut ist, gibt sie zwei alternative Wege zum aufgestellten Ziel vor, nämlich den Weg der induktiven oder aber jenen der deduktiven Erkcnntnis. Wenn zwischen dem Naturrecht und dem positiven Recht eine Kausalitat vorliegt, und, weiter, wenn das erste die Ursache des zwciten ist, so bedeutet das, dal^ das positive Recht in einem gewissen Grade die statischen und ewigen Kategorien enthullen mulL Die Vortcile der induktiven Methode sind - zumindest dem Anschein nach - offenbar. Aus dem positiven Recht wird alles, was eine zufällige oder empirische Qualität hat, entfernt. Das Ergebnis dieses Abstraktionsprozel^es soil hoffcntlich aus einem natur- oder vernunftrechtlichen Kern mit einer in Zeit und Raumgrenzenlosen Giiltigkeit bestehen. Das Unternehmen, durch eine Induktion oder Transzendierung des positiven Rechts die Idee des Rechts zu erreichen, ist indesscn undurchfuhrbar. Unter Berticksichtigung dessen, daB Naturrechtslehre und positive Rechtslehre zwei unterschicdliche Erkenntnisarten darstellen, die in Relation zu einander in einem konträren Gegensatz stehen, ist die vorgestelltc Ableitung einc logische Unmöglichkeit. Zum einen ist cine Vermischung von a priori und a posteriori unvermcidlich, was gleichzeitig ein Bruch gegen das Gesetz des Gegensatzes darstellt. Diese Problematik ist ubrigens in dcr unmöglichen Kombination von absolutem Gegensatz und Kausalität antezipiert. Zumandcren ist es logisch nicht möglich, dab man von einemaposteriorischcn Ausgangspunkt, d. h. dempositiven Recht, schrittweise zur apriorischen Idee, oder anders ausgedriickt dem Naturrecht kommt. Im gegebenen Kontext kann etwas nicht mehr oder weniger a priori gedacht werden. Mit andcren Worten ist es ein undurchfuhrbarcs Unternehmen mit Hilfe induktiver Methode die Apriori des Rechts zu erreichen zu versuchen. Irgendeine Form von Metamorphose mul^ stattfinden, wenn eine Qualität in ihre gegensätzliche ubergeht. Eine sukzessive Sättigung kann nicht als Lösung des Problems akzeptiert werden. Irgendwo mul^ diescr Ubergang von A zu nicht-A mit eincm Umschwung stattfinden. Aber wo findet dieser Umschwung statt? Auf diese völlig legitime und klare Frage bleibt die Antwort aus. Statt offen zu zeigen, wie diese Veränderung zustande kommt, antwortet der Naturrechtslehrer mit Wolff, C., Institutioncs Juris Naturae et Gentium, Halle 1763, Praefatio.

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