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o Kjell A Modélr der Biirger. Deshalb sind Gewaltenteilung, gegenseitige Hemmungder Gewalten, Respektierung der historischen Realität so wichtig. Fiir Montesquieu ist dies eine nationale Identität. Als Patriot interessiert er sich nur fiir die nationalen Gesetze und ihre Wurzeln und verwendet hier als Metapher den Vergleich des Rechtssystems mit einemalten Eichbaum. „Das Auge sieht das Laub schon von weitem, es nähert sich, es sieht den Stamm, aber die Wurzel entdeckt es nicht. Man mul^ in die Erde hinein, umsie zu finden.“'° Die wichtige Wurzel war der geschichtliche Hintergrund der geltenden Gesetze. Montesquieu und seine Schuler weigerten sich, sich mit ausländischem Recht zu beschäftigen. Geschichte war fur sie patriotische Geschichte. Ganz ähnlich wie Montesquieu äulJerte sich in den 60er und 70er Jahren des 18. Jahrhunderts der Jurist Justus Möser [1720-1794]. Auch fur ihn war Respekt gegeniiber der Tradition ein Argument fur die Freiheit. Möser war Vertreter der Stände, er wendete sich gegen den Absolutismus und trat ein fiir die freie ständische Gesellschaft.” Zur Begriindung berief er sich auf die deutsche Geschichte. Seine Staatstheorie war naturrechtlich, aber er formte sie in „geschichtlicher“ Weise um.'-^ Aus seiner Sieht waren Eigentiimer - nicht die Menschen als solche - als Vertragspartner bei der Staatsbildung anzusehen. Er verlangte „Gleichbehandlung des Gleichen und Ungleichbehandlung des Ungleichen“. Dies war das Zentrale in seiner „Aktientheorie“. Wer keine Aktie hat, hat auch keine Rechte. Fiir Möser war Geschichte als Methode ein wichtiges Element des ius publicum. Wenn es keine klaren Rechtsregeln gab - und so war es oft imliickenhaften deutschen ius publicum—, mulke man, so Möser, eine „grundlegende methodische Parallele vonJurisprudenz und Geschichte“ herstellen. Der Göttinger Staatsrechtslehrer Johann Stephan Putter [1725-1807] betonte 1767 in seiner „Juristischen Encyclopädie und Methodologie“, man miisse „Geschichte“ als Instrument zumVerstandnis des positiven Rechts sehen:'^ „Nächst demRömischen Rechte kann man fast in keinem der iibrigen Theile derer in Teutschland iibhchen Rechte einen Schritt thun, wenn man nicht zuvor eine Kenntnil^ von der Verfassung der ältern und mittlern Zeiten hat. Insonderheit hat das Teutsche Staatsrecht der mittlern Zeiten (ius publicum medii aeui) einen solchen Einflufi in das heutige Staatsrecht ... De I’Esprit des Lois, 1748, Buch 30. '' Jan Schroder, Justus Möser als Jurist. Zur Staats- und Rechtslehre in den Patriotischen Phantasien und in der Osnabrtickischen Geschichte, Osnahriicker Rechtswissenschaftliche Ahhandlungen, Bd. 5, Köln 1986. Jan Schroder, a.A. (1986), S. 12 f. Heinz Mohnhaupt, Recht, Natur und Geschichte als Argument, Quelle und Autorität in deutschen Rechtsenzyklcipädien des 18. und friihen 19. Jahrhunderts. In: Jean-Franyois Kervégan und Heinz Mohnhaupt (Hrsg.), Recht zwischen Natur und Geschichte. Le droit entre nature et histoire. Deutsch-französisches Symposion vom24. bis 26. November an der Universität CergyPontoise, [lus Commune Sonderband 100], Frankfurt/Main 1997, S. 82 f. '■* Johann Stephan Piitter, Neuer Versuch einer juristischen Encyclopädie und Methodologie, Göttingen 1767, S. 86. 106 “ 14

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