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Systematik im umbruch 95 Inwiefern derartige Regelungen, die normalerweise nicht unter das Beschränkungsvcrbot des Art. 30 EGVfallen, angleichungsbediirftig sind, ist strittig. Es existiert die Auffassung, dab die Keck-Rechtsprechung der Privatrechtsangleichung neue Perspektiven eröffnet hat.'^^ Dementgegen steht die Ansicht, dab das Urteil die Erforderlichkeit kiinftiger Rechtsangleichung einschränkend bertihrt.'^^ 4.3 Richtlinien Mal^gebliches Instrument fur die legislative Angleichung sind Richtlinien gemäl^ Art. 189 Abs. 3 EGV. Sie sind fur den Mitgliedstaat „hinsichtlich des zu erreichenden Zieles“ verbindlich. Die Verbindlichkeit bezieht sich auf ein bestimmtes rechtliches Ergebnis, also definierte Rechtswirkungen, die nach Gemeinschaftsrecht festzulegen sind.'^^ Richtlinien entfalten in privatrechtlichen Beziehungen nicht selbständig diese Rechtswirkungen.Gewährleistet vor oder nach der Richtlinie erlassenes mitgliedstaatliches Recht diese Wirkungen jedoch nicht, dient der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung ihrer Durchsetzung. Dieser Grundsatz ist fur die Effizienz der Privatrechtsintegration durch legislative Angleichung entscheidend. 181 4.4 Richtlinienkonforme Auslegung Gcmäb Art. 5 Abs. 2 EGV sind die Mitgliedstaaten verpflichtet „alle Mabnahmen [zu unterlassen], welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages gefährden können.“ Von dieser Vorschnft wird die dem nationalen Richter obliegende Verpflichtung abgeleitet, nationales (Privat-)Recht gemeinschaftsrechtskonform anzuwenden.'^- Sofern es um Richtlinien geht, beinhaltet das So Schwartz, a.a.O., S. 583. Schwartz beurteilt alicrdings die einschlägigc Entwicklung der Rechtsprcchung kritisch und bevorzugt die friihere Judikatur, die nur „cine begrenzte Libcralisicrung durch einscitignationalc Anpassung des Rechts jcweils cinzchier Mitgliedstaaten an das der ubrigen Mitglieder erfordert [hatte], eine Zurucktuhrung auf den gemeinsamen Nenner also"; S. 584. So Steindorff, Unvollkommener Binnenmarkt (Fn. 123), S. 168. Ipsen, a.a.O., 21/28 (S. 458); Grabitz in Grabitz (Fn. 107), Art 189, Rn. 57. Siehe bcispielsweisc FuGEf (Urteil v. 10.4. 1984), Rs. 14/83 (von Colson und Kamann), Sig. 1984, S. 1891 (Rn. 15 ff). Sie haben keine sogenannte Drittwirkung. Siehe FuGH (Urteil v. 14.7. 1994), Rs. C-91/92 (Faccini Dori), Sig. 1994, S. 1-3349 (Rn. 23-26). Zu diesem Grundsatz siehe schon Hallstein, Walter, Angleichung des Privat- und Prozessrechts in der Furopäischen Wirtschaftsgemeinschaft, RabelsZ 28 (1964), S. 211 ff (227). Ausfuhrlich Lutter, Marcus, Die Auslegung angeglichenen Rechts, JZ 1992, S. 593 ff (in passim); Fverling, Ulrich, Zur Auslegung des durch Richtlinien angeglichenen nationalen Rechts, ZGR 1992, S. 376 ff (in passim); Nettesheim, Auslegung und Fortbildung nationalen Rechts im Lichte des Gemcinschaftsrechts (Fn. 9), in passim. Siehe näher zu diesemGebot der Gemeinschaftskonformität Nettesheim, a.a.O., in passim. 177 181

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