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Das RÖMISCHE recht - von ratio SCRIPTA ZU ..MUSTER“ UND„V0RBILD“ 173 Juristen in deren Besitz allgemeiner Rechtsprinzipien lag, ware es schwierig gewesen, diese Uberlegung mit dem iibergreifenden Zweck der Schrift „Vom Beruf“ ZU verbinden, nämlich dem Kodifikationsstreben dieser Zeit entgegenzuwirken. Es ist in der Tat eine Binsenweisheit zu behaupten, daB die Tätigkeit der Rechtswissenschaftler in hohem Grade darauf zielt, allgemeine Rechtsprinzipien zu schaffen und zu verwenden.^^ Hinter Savignys Versuch, die Eigenschaft zu entwickeln, worauf die methodologische Vortrefflichkeit der römischen Juristen beruht, wurde indessen ein anderes Ziel, das weit iiber die Verteidigung des römischen Rechts hinausgeht, versteckt — eine Zielsetzung, die zumindest auf den ersten Blick iiberraschend erscheinen kann. Savigny fuhr fort: „Die Begriffe und Sätze ihrer Wissenschaft erscheinen nicht wie durch ihre Willkiihr hervorgebracht, es sind wirkliche Wesen, deren Daseyn und deren Genealogie ihnen durch langen vertrauten Umgang bekanntgeworden ist“.^^ Man kann bereits aus dieser Präzisierung des Begriffes „Besitz“ die polemische Spitze in Savignys Darstellung erahnen: Obwohl „ihre Definitiones gröBtentheils sehr unvollkommen sind, kann nicht gesagt werden, dab die Schärfe und Sicherheit ihrer Definitionen darunter leiden. “ Uberhaupt beeinflussen die cäufieren und formellen Mängel der Systematik des römischen Rechts nicht das wirkliche Wesen des Rechts und dessen Zusammenhang. Die römischen Juristen lernten diese Prinzipien nicht auswendig in Form statistischer Definitionen und formellen Systemkategorien, sondern sie lernten stattdessen die verschiedenen Elemente der Rechtsordnung in ihrer Entwicklung und Verwandtschaft kennen. Darin lag ihre eigentliche GrölSe; dadurch entging die römische Rechtswissenschaft der Eingebundenheit der „unhistorischen“ und „rationalistischen“ ■*’ Juristen an rigiden und weltfremden Begriffen. ImText wird dieser Auslegung der vielleicht bekanntesten Zeilen aus „VomBeruf“ gefolgt: „Das Recht nämlich hat kcin Daseyn fiir sich, seyn Wesen vielmehr ist das Leben des Menschen selbst, von einer besondern Seite angesehen. Wenn sich nun die Wissenschaft des Rechts vom diesem ihremObjecte ablest, so wird die wissenschaftliche Thätigkeit ihren einseitigen Weg fortgehen können, ohne von einer entsprechenden Anschauung der Rechtsverhältnisse selbst begleitet zu seyn; die Wissenschaft wird alsdann einen hohen Grad formeller Ausbildung erlangen können, und doch alle eigentliche Realität entbehren. Aber gerade von dieser Seite erscheint die Methode des RömischenJuristen amvortrefflichsten. « 42 Savignys Ansicht, dafi der Garant des römischen Rechts die Methodik und nicht der materielle Inhalt sei, hatte zur Folge, daft die letzten Reste der NaturDiese Beschreibung könnte ebensogut der Systematisierungsarbeit der Naturrechislehrer gelten. A. a. O. S. 17. ” A. a. O. S. 18. Siehe a. a. O. passim. ■*' Vgl. mit Stahl, Friedrich Julius, Die Philosophic' des Rechts nach geschichtlicher Ansicht, Bd II, passim. Savigny, a. a. O. s. 18.

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