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WilhelmBrauneder waren wie schon bald in Teilen Polens, dann vor allemin Lombardo-Venetien, späterhin zeitweise in Ungarn und bis heute in Liechtenstein." Aus demselben Grund beeinfluBte das ABGB zum Teil sogar dutch wortwörtliche Ubernahmen einerseits Zivilgesetzbiicher Deutschschweizer Kantone," und zwar sowohl in Kantonen mit einer liberalen wie auch mit einer konservativen Regierung, andererseits die von Balkanstaaten." Das ABGB oder Teile davon wurden schliefilich als Gesetze erst fiir das Heilige Römische Reich und späterhin fiir den Deutschen Bund vorgeschlagen." Diese weit iiber seine Quellen- und Mitarbeiterbasis hinausgehende Akzeptanz zeigt besonders deutlich, dal^ es gelungen war, ein „vernunttiges“ Gesetzbuch zu schaffen. 4 B) Ergehnis Die erste Welle der Rechtsvereinheitlichung um 1800 beruhte auf verschiedenen Voraussetzungen. Wesentlich war die Grundposition in der Idee, es sei möglich, ein logisches Recht zu konstruieren und es unabhängig von Zeit und Ort in Kraft zu setzen. In der Realität der Gesetzgebungspraxis förderte diese Grundposition die weitestgehende Negierung lokaler Rechte einerseits verbunden andererseits mit dem Riickgriff auf die traditionellen Inhalte des Römisch-gemeinen Rechts unter der Voraussetzung seiner Bewährung vor den Regeln der Logik. Dies trat so häufig ein, daB es zusätzlich nur weniger Konstruktionen im Sinne eines „echten“ Naturrechts bedurfte wie etwa des Parentelensystems. Diese Operationen beförderte mal^geblich die Technik der Gesetzgebungslehre wie sie dutch zwei Generationen hindurch in Bezug auf den immer wieder iiberarbeiteten Text angewendet wurde. Dieser logisch-naturrechtlich geleitete Schwung zur Rechtsvereinheitlichung verlief sich jedoch um 1830. Nach dem Wiener Kongreb 1815 hatte sich das ABGB iiber seinen urspriinglichen Geltungsbereich hinaus noch einmal kraftig ausgeweitet, insbesondere auf Lombardo-Venetien. Zwar trat 1835 mit dem Steuerstrafgesetzbuch eine weitere Strafrechtskodifikation zum Strafgesetz 1803 hinzu," es war dies aber die letzte Kodifikation. Der „Politische Codéx“ des Verwaltungsrechts fand keinen politischen Anklang,’^ aber auch Handels- " Ebda, 135 f.; ders., ABGB (wie Fn 1), 214, 215 f., 218 f., 247 ff. Zu Liechtenstein: Ders., 175 Jahre „Allgemeines Biirgerliches Gesetzbuch" in Liechtenstein, in: Liechtensteinische Juristenzeitung 1988, 94 tf. ’’ Ders., ABGB (wie Fn. 1), 249 f. Fbda,250 '■* B. Dölemeyer, Die gegenseitige Beeinflussung deutscher und österreichischer Kodifikationen im 19. und 20. Jahrhundert, in: H. Rothe (Hrsg.), Deutsche in der Flabsburger Monarchie, 1989, 59 ff.; Brauneder, ABGB (wie Fn. 1), 250 f.; ders., Verniinftiges Recht (wie Fn. 1), 137. W. Brauneder, Die Fntwdcklung der modernen V'erwaltungsstrafrechtspflege in Cisleithanien/Österreich, in: Festschrift fiir Kurt Wagner, 1987, 38 f. Brauneder, Verfassungsgeschichte, wie Fn. 1, 86.

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