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Rfchtseinhfit durchrfchtsprf.chung? die Herausgeber der Rechtsprechungssammlungen eigene sogenannte „Rechtssätze“, „Leitsätze“, „Grundsätze“ oder „Rechtsgrundsätze“ formulieren,''^^ die im Sinne der genannten Ziele als Stabilisatoren fiir die Rechtsprechung und deren Einheitlichkeit dienen sollen. Sogar die klassische Responsen-Praxis wurde von Kuntze als probates und zweckmäfiiges Mittel „fur die Förderung der materiellen Rechtseinheit in Deutschland" angepriesen.'"*-^ Solche allgemeinen „Rechtsgrundsätze“, deren Aufstellung auch heute das Bundesverfassungsgericht zur normalen „Tätigkeit der höheren Gerichte zählt",''*'* werden im 19. Jahrhundert zumMal^stab und Zweck der Veröffentlichung von Rechtsprechung schlechthin. Simon und Strampff bezeichnen es als Auswahlprinzip fur ihre Rechtsprechungssammlung, nur solche Fälle aufzunehmen, “welche fiir die Wissenschaft und Praxis durch die Entwickelung der allgemeinen Grundsätze, durch die Interpretation zweifelhafter Vorschriften, oder durch die Unterordnung des individuellen Sachverhältnisses unter einen bestimmten Rechtsbegriff, ein Interesse haben . . 141 Der Tatbestand tritt deshalb zur Frklärung und als Grundlage des im Urteil gewonnenen „Rechtssatzes“ immer mehr in den Vordergrund als ein wichtiger Bestandteil des zu veröffentlichenden Spruchmaterials. Dementsprechend konstatiert z. B. Bopp, dafi „solche Sammlungen mehr anerkannt (werden), welche nicht nur den Rechtsfall selbst liefern, sondern auch den Rechtssatz, welcher von demselben angeregt wurde, wissenschaftlich (zu) behandeln. So dienen die Rechtsprechungssammlungen und Publikationen von Urteilen in den Zeitschriften dem Zweck, den „schwankenden Rechtszustand eines Fandes nach und nach zu fixieren",'"*^ und ein von den Gerichten gebildetes „ius certum" bekannt zu machen. So zeigen die Rechtsprechungsveröffentlichungen neben ihrem iibergeordneten Zweck der Rechtseinheit verschiedene Zielrichtungen: Präjudizwirkung bei fehlender Gesetzgebung, Kommentarfunktion bei unzulänglicher Gesetz- '■*’ Cf. die Kommentierungcn zu den nachgewiesenen Rechtsprechungssammlungen bei Mohnhaupt (Anm. 77), pp. 102 ss. Zu „Leitsatzen“ und Rechtsgrundsatzen cf. H. Kirchncr, Stufen der Offentlichkeit richterlicher Erkenntnisse. Zur Geschichte der Entscheidungssammlungen und der Bildung von Leitsatzen, in: W. Zeidler u. a. (ed.). Festschrift Hans JoachimFaller, Miinchen 1984, pp. 503-523 (516 s.); Maurenbrecher, Rheinpreul?ische Landrechte (Anm. 50), pp. 58 s. J. E. Kuntze, Das Jus respondendi in unserer Zeit. Ideen iiber die moderne Rechtsfortbildung, Leipzig 1858,25 s. BVerfGE 26 (1970), p. 337. Simon und Strampff, Rechtsspriiche (Anm. 87), p. XV; zum Zusammenhang zwischen Urteilspublikation und richterlicher Rechtsfortbildung cf. auch Ranieri, Publikation (Anm. 7). Ph. Bopp, Mittheilungen aus den Materialien der Gesetzgebung und Rechtspflege des Herzogthums Hessen . . ., 3. Bändchen, Darmstadt 1831, p. VII, unter Bezugnahme auf Mittermaier. «146 148 Ghr. G. F. W. Parchim1, 2. Auflage, Parchim und Ludwigslust 1840, Vorrede zur 1. Auflage (1821), p. III. Bopp, Mittheilungen (Anm. 146), 1. Bändchen, Darmstadt 1830, p. XIX. Nettelbladt (ed.), Rechtsspriiche des Ober-Appellations-Gerichts zu von 148

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