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Jhi'.rings rf.chtsdknkkn al.s herausforderung... von Jhering und seinen Werken aus; sie stcllten Jhering zwar in den Mittelpunkt, kritisierten ihn aber auch. Gemeinsam gingen Unden und Lundstedt von der realistischen Sicht des Rechts aus, dieJhering vertreten hatte. ImFalle der Interessenjurisprudenz war die Willkiir die grol^e Gefahr. Die selbständige Rolle der Richter wurde aber verstärkt und als eine positive Entwicklung der Gesellschaft empfunden. Oscar Billow hatte in seiner Arbeit „Gesetz und Richteramt“ (1885) die hervorgehobene Stellung der Gerichte unterstrichen. Es gibt aber auch einen Unterschied zwischen Jherings von sozialen Interessen gepragter, selbständiger Rechtswissenschaft einerseits, und der von Philipp Heck ausgehenden Interessenjurisprudenz andererseits, die die Rechtswissenschaft eigentlich als eine praktische Disziplin betrachtete. Die Rechtswissenschaftler sollten dem Praktiker die Lösung seiner konkreten Aufgaben erleichtern.''° Auch Jherings Kritiker waren in seinem Realismus gefangen. Theorie und Praxis waren miteinander verbunden. Als Afzelius versuchte, Jherings Schliisselformulierung „das Recht als ein Zweckbegriff“ zu iibersetzen, schrieb er „das Recht mit seinem praktischen Zweck“."* Es war eine Art Dialektik, die man in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts formulierte. Begriffsjurisprudenz war der Himmel der Theoretiker. Der Zweckbegriff war mit der Praxis und dem praktischen Rechtsleben verbunden, und konnte in das praktische Rechtsleben hineingetragen werden. Am 19. September 1892, zwei Tage nach dem Tode Jherings, hielt Alfred Ossian Winroth [1852—1914] an der Universitat Lund seine Antrittsvorlesung als Zivilrechtsprofessor. Sein Thema war „Juristische Theorie und Praxis". Genau dieses Thema hatte Hagerup in seinem Aufsatz in der Tidsskrift for Rettsvidenskab einige Jahre zuvor betont. Winroth sprach fiber den ewigen Kampf zwischen diesen beiden Dimensionen des Rechts. „Bei diesen Kämpfen ist es ubrigens immer die Praxis, die sich als der Stärkere erweist. Praxis ist immer alt, Theorie aber wieder vergleichsweise jung.“"^ Mit Beispielen aus der schwedischen Rechtsgeschichte argumentierte er, der schwedischen Gesetzgebung und Rechtspflege mangele es an Theorie. Unsicherheiten in der Urteilsbegriindung machten die Rechtsprechung fehlerhaft. Die Ursache war Mangel an Theorie. Die juristischen Fakultäten sollten, so meinte er, mehr mit den Gerichten zusammenarbeiten. Die Abschottungen zwischen der akademischen und der praktischen Laufbahn hätten sich als groBer Nachteil fiir die Rechtswissenschaft erwiesen. Seine Medizin lautete: Schärfere Anforderungen Wilhelin Sjögren sprach in seinemobengenannten Aufsatz mit demTitel „Richtermacht und Rechtsentwicklung“ von der Notwendigkeit einer Typologie, um nicht in dem Netz der Willkiir gefangen zu sein. - W. Sjögren, Domaremakt och r.ättsutveckling, TfR 1916 S. 325 ff. Sundeil, a. a. O. (1982), S. 179. A. Winroth, Juridisk teori och pra.xis. Föreläsning vid installation den 19 september 1892, Lund 1892. Winroth, a. a. O., S. 6. 111 110

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