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45 Befehle nicht beachteten, enthob er sie ihrer Ämter und schickte sie auf die Festung Spandau; zudembefahl er dem Kriminalsenat des Gerichts, gegen ihre Kollegen vom Zivilsenat strafgerichtlich vorzugehen, was die Kammerrichter allerdings verweigerten. So konnte der groBe Preussenkönig zwar insofern seinen Willen durchsetzen, als er seine Entscheidung an die Stelle des kammergerichtlichen Urteils in der Zivilsache setzte. Er konnte auch die widersetzlichen Zivilrichter des Kammergerichts ihrer Amter entheben und sie inhaftieren lassen. Doch ihre Kollegen vomStrafsenat konnte er nicht dazu veranlassen, gegen ihre Uberzeugung strafrechtlich gegen die Inhaftierten vorzugehen. Vor allem aber erregte das Verhalten des Königs so starken Widerstand in der Öffentlichkeit, daft die Miiller-Arnold-Affäre zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit in Preussen-Deutschland beitrug. Allerdings konnte der Groftkanzler von Fiirst das Verbot der Machtanspriiche, das er in §6 des Entwurfs der Einleitung zum Preussischen Allgemeinen Landrecht formuliert hatte, doch nicht durchsetzen. Erst in den Verfassungskämpfen des 19. Jahrhunderts wurde den Richtern die Weisungsungebundenheit gewährt. Insgesamt bleibt als Ergebnis der Entwicklung zwischen Absolutismus und Aufklärung die schrittweise erreichte Trennung von Verwaltungs- und Justizsachen aus dem Machtbereich des Souveräns.'^^ Alle Tendenzen des Wirtschaftsliberalismus und das Freiheitspathos der Französischen Revolution wie auch das politische Programm der konstitutionellen Bewegung liefen zusammen in der Forderung nach Beschränkung staatlicher Omnipotenz vor allem auf dem Gebiet des Strafrechts, die zu erreichen war durch vollständige Uberantwortung der Rechtsverwaltung an eine unabhängig arbeitendeJustiz, deren Funktionäre allein an das Gesetz gebunden sind. Dies war am Ende des 18. Jahrhunderts noch Theorie aber doch in Richtung auf eine zukiinftige Praxis. 164 Michael Stolleis, Geschichte des offentlichen Rechts in Deutschland. Bd.l, Reichspuhlizistik undPoliceywissenschaft 1600—1800, 1988, S. 325. Stolleis (Anm. 163) S. 326.

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