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35 der Begriindung eigener königlicher Gerichte imLande in England und Frankreich. Der deutsche König verfiigte iiber keine eigenen Gerichte imReich, obwohl es in Formder kaiserlichen Landgerichte imSiidwesten und der westfälischen Freigerichtedurchaus Ansatzpunkte dafiir gab. Doch Versuche Karls IV., Ruprechts und Sigmunds, das Hofgericht zu Rottweil und die Veme fiir eine königliche Gerichtsbarkeit im Lande zu aktivieren, scheiterten am Widerstand der Reichsstände. Vielmehr entstand imDeutschen Reich während des hohen und späten Mittelalters die Gerichtsorganisation im Lande als eine solche der Feudalgewalten. Selbstverständlich iibte auch der deutsche Herrscher eine persönliche Gerichtsbarkeit aus — und zwar bis zumEnde der Stauferzeit wirklich nur persönlich. ImJahre 1235 schuf der grofie Staufer-Kaiser Friedrich IL im Mainzer Reichslandfrieden fiir diese zentrale Königsgerichtsbarkeit - vielleicht nach sizilischem Vorbild — das Amt eines „Hofrichters“, der anstelle des Königs regelmäfiig zu Gericht sitzen sollte, weil der Herrscher dies wegen der grofien Zahl der an den Hof gelangenden Klagen nicht mehr alles persönlich ausrichten könne."* Doch behielt sich der König sowohl die Verhandlung der Klagen der Fursten als auch Achturteile und insbesondere die Achtverkiindigungen vor. Der Hofrichter mufite keinerlei fachliche Qualifikationen besitzen sondern lediglich jemand von Adel sein. Da auch die Urteiler des Hofgerichts immer nur von Fall zu Fall berufen wurden, unterblieb die zur selben Zeit in England und Frankreich zu beobachtende Professionalisierung des Königlichen Hofgerichts in Deutschland. Hinzu kam, dal? der Hofrichter immer nur dort amtieren durfte, wo der König weilte. Deshalb kamauch die in der gleichzeitig eingerichteten Hofgerichtskanzlei mit einem Hofgerichtsnotar an der Spitze eintretende Biirokratisierung und Teilprofessionalisierung nicht voll zum Trägen. Obwohl 1235 dem Hofgerichtsnotar aufgetragen worden war, verschiedene Biicher zu fiihren,"^ ist keines solcher Biicher iiberliefert."^ Eines dieser Biicher sollte ein Urteilsbuch sein, das in der Absicht geschaffen wurde, dal? ähnliche Fälle in Zukunft nach demVorbild der schon amHof entschiedenen Fälle beurteilt werden sollten. Dies deutet darauf hin, dal? dem 110 108 Mitteis-Lieberich (Anm. 2) S. 253. Mitteis-Lieberich (Anm. 2) S. 254 ff., Gimbel, Stichwort „Femgerichte“ HRG. I, 1968, 109 Sp. 1100 ff. Mitteis-Lieberich (Anm. 2) S. 190 f., 252 f. Text: Ausgewählte Urkunden zur Erläuterung der Verfassungsgeschichte Deutschlands im Mittelalter, herausgegehen von 'Wilhelm Altmann und Ernst Bernheim, 5. Aufl. 1920, S. 246 Nr. 121 Art. 28 (lat.) =S. 252 Art. 31 (dt.) Altmann-Bernheim(Anm. 111) S. 247 Nr. 121 Art. 29 (lat.) =S. 253 Art. 32 (dt.) Vgl. Friedrich Battenberg, Gerichtsschreiberamt und Kanzlei am Reichshofgericht 1235— 1451. Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit imAlten Reich herausgegehen von Bernhard Diestelkamp, Ulrich Eisenhardt, Gunter Gudian, Adolf Laufs, Wolfgang Sellert, Bd. 2, 1974, S. 21, 42 ff., 59 ff. 84 ff.

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