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30 teilstenor/° Nur dann, wenn gegen ein letztinstanzliches Urteil eines Parlamerits oder Conseils souverain Kassationsbeschwerde an den Conseil du Roi eingelegt wurde, mufite ein Urteil ausnahmsweise begriindet werden/' In der 1336 wohl fiir das Parlament de Paris verfafiten Schrift »Style de la chambre des enquetes“ wurde ausdriicklich gesagt, dafi der Rapporteur sich hiiten miisse, bei der Abfassung der Urteilsausfertigung irgendwelche Rechtsgriinde anzufiihren oder erkennen zu lassen/^ Spätere gesetzliche Bestimmungen verboten zwar nicht die Begriindung von Urteilen, sie verboten aber, richterliche Meinungen kundzutun. Das damit geschiitzte Beratungsgeheimnis fiihrte natiirlich indirekt dazu, daft in keiner Urteilssammlung eine offizielle Begriindung angefiihrt wurde/^ Diese Geheimhaltung schiitzte die Parlamente nicht vor Kritik. Sie konnte aber die einzelnen Richter vor einem Zugriff des Königs wegen einer unliebsamen Entscheidung bewahren. Nur die Gesamtheit der urteilenden Parlamentsräte setzte sich mit einer unerwiinschten Entscheidung der Strafe des Königs aus, was die Richter gegebenenfalls auch durchaus nicht scheuten. Das System der Parlamente oder Conseils souverain mit dem Pariser Parlament als vornehmstem Gerichtshof des Königreichs war im 18. Jahrhundert unbeweglich und ineffektiv geworden. Im Februar 1771 leitete daher der königliche Kanzler Maupeou eine Justizreformein, mit der er tief in dieses traditionelle Justizsystem eingriff.^'* An die Stelle der bisherigen 12 Regionalparlamente sollten 6 neue oberste Gerichtshöfe mit möglichst gleich groften Gerichtssprengeln treten, womit insbesondere die Sonderstellung des Pariser Parlaments beseitigt worden wäre, dessen Sprengel mehr als die Hälfte des Landes einnahm. Damit hätten sich die Einkiinfte der Pariser Parlamentsrichter erheblich gemindert, weil es sich eingebiirgert hatte, daft die Parteien den Richtern fiir die Bearbeitung ihres Falles ,,épices“ genannte Zahlungen leisteten.^^ Damit nicht genug wollte Maupeou auch die Käuflichkeit und Erblichkeit der Amter der Parlamente abschaffen und diese damit wieder zur Verfiigung des Königs stellen, der die Parlamentsräte dann wieder allein ernennen und besolden können sollte.^^ Damit griff er jedoch zu tief in die materiellen Interessen der mächtigen Familien der Parlamentsrichterschaft ein. Obwohl durch diese Anderungen der Geschäftsablauf so enorm beschleunigt wurde, daft der Geschäftsanfall trotz einer drastisch verminderten Richterzahl schneller als vorher erledigt werden konnte,muftte Ludwigs XIV. Nachfolger auf Grund der hefWalter (Anm. 51) S. 56. Waller (Anm. 51) S. 56. Walter (Anm. 51) S. 57. Walter (Anm. 51) S. 57. Voss (Anm. 7) S. 121. Olivier-Martin (Anm. 50) S. 560. Olivier-Martin (Anm. 50) S. 559 f. Voss (Anm. 7) S. 121.

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