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21 2.1. England Bei der Ausbildung des englischen Justizsystems im Mittelalter verfolgten die normannischen und angevinischen Könige eine Politik der Griindung und Ausdehung eigener königlicher Gerichtsbarkeit im ganzen Land und fiir das ganze Land." Die Grundlage dafiir bot die Anschauung, dafi der König iiber alles richten durfe, was die Krone betraf. Die Vorziiglichkeit der königlichen Gerichte veranlafite schlieftlich immer mehr Kläger dazu, ihre Sachen vor die königlichen High Courts zu bringen und nicht vor die regionalen Gerichtshöfe der Feudalgewalten, auch wenn es sich nicht um „causae regales" handelte sondern umcommon pleas. So entstand imRahmen des königlichen Hofsystems in London die Gruppe der drei gemeinsam in Westminster Hall residierenden High courts:" - Court of Exchequer - Common’s Bench - King’s Bench. Dort konnten Kläger aus dem ganzen Königreich klagen, wobei es unterschiedliche theoretische Rechtfertigungen fiir die Kompetenzausweitung fiir jeden dieser drei Gerichtshöfe gab. Beim Court of the Exchequer durften zunächst nur Schuldner des Königs verklagt werden. Machte nun einer dieser Schuldner imProzefi geltend, dafi er seine Schulden an die Schatzkammer deshalb nicht bezahlen könne, weil ihmein anderer etwas schulde, so erlaubte der Court of the Exchequer, dal^ diese Klage gleichfalls vor ihm geltend gemacht werden konnte, obwohl der König nicht direkt betroffen war. Wichtig ist, dafi die königliche Gerichtsbarkeit von Anfang an auch die Kriminaljustiz umfafite. Diese Kompetenz war deshalb nicht einfach durchzusetzen, weil in England Strafverfahren vor einer Jury durchgefiihrt wurden. Die Jurys tagten unter der Leitung eines Richters." Normalerweise war dies der jeweilige Sheriff in seiner County. Den englischen Herrschern war es im Mittelalter gelungen, das Amt des Sheriffs vor der Feudalisierung zu bewahren und ihm den Charakter als königliches Amt zu erhalten, das sie in der Regel nur Angehörigen des ritterlichen Adels anvertrauten, nicht aber einem Angehörigen einer der grol^en Familien.’^ Der Sheriff war und blieb also ein Funktionär der königlichen Gerichtsbarkeit imLande—eine Eigenschaft, die ständig neu ins Gedächtnis gerufen wurde dadurch, dass die Sheriffs regelmäfiig nach London kommen muf^ten, um iiber ihre Amtsfiihrung Rechenschaft abzulegen, vor allem auch, um die Einkunfte ihrer County beim Exchequer abzuliefern. " Baker (Anm. 1), S. 19. Baker (Anm. 1)S. 20. Zu diesen drei Royal High Courts; Baker (Anm. 1), S. 22 ft. S. F. C. Milsom, Historical Foundations of the Common Law, London 1969, S. 20 ff. J. S. Cockburn, ,4 History of English Assizes, Cambridge University Press 1979, S. 1 ff. Cockburn (Anm. 14) S. 153 ff.; Baker (Anm. 1) S. 19 ff.

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