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72 geschichte des Instituts konditioniert und die unter dem Profil des technischen Bewufitseins zu unaufmerksamwaren. Wir haben oben von den Vorgefiihlen der juristischen Doktrin im 16. Jhdt. und von der extremen Komplexität eines wahren wissenschaftlichen Ouadriviums gesprochen, wo das Bild des Quadriviums besonders die Idee einer Wasserscheide berufen will, die generell anzutreffen ist, jedoch in Frankreich ihre Wahlheimat findet, die zwar noch quantitativ ist, aber Konsequenzen auf der Mentalitätsebene hat: die immer markantere Machtenteignung des dominus directus von Seiten des dominus utilis, soweit, dafi dieser der eigentliche ,proprietaire‘ der Sache wird. Ein solcher Prozeft nach Gewohnheitsrecht, der seit langemin Territorien stattfindet, in denen das Lehen tiefer Fufi gefafit hat, scheint im 16. Jhdt. abgeschlossen und die juristische Wissenschaft (ein gutes Beispiel ist Dumoulin) nimmt davon Kenntnis. Auf der Ebene der Fakten und der Qualifikationen ist dies eine nicht irrelevante Etappe fiir die Wiedergewinnung (wenn auch nur quantitativ) der Einheit des dominium.*^ Daneben polieren und stellen die Humanisten klassische Archetypen aus, die die mittelalterliche Jurisprudenz unter dem Hämmern seiner evolutiven Auslegung begraben hatte. Es ist eine ludische Dimension, d.h. ein intellektuelles Spiel, das zum ersten Male von Juristen in Gang gesetzt wird, eine dem traditionellen gemeinen Recht völlig fremde Dimension, nach der das Recht nämlich gelebtes Leben eines Volkes ist und die Wissenschaft ist nur als Wirkungsanteil am Leben denkbar (und nicht als ludische Kontemplation). Zum ersten Male hat die juristische Wissenschaft ein förmlich und in der Substanz exegetischen cursus: imUnterschied zu den Glossatoren und Kommentatoren, die ihr Gesicht im exegetischen Schema verstecken, um die Hände zur Ordnungskonstruktion frei zu haben, wobei sie von der Substanz der interpretierten Texte ausgehen, in Harmonie mit der Vitalität der umliegenden Fakten und damit den gröfiten romanistischen Verrat begehen, löst sich die Interpretatio der Humanisten, geschichtlich konsequent romanistisch, in Exegese. Das in diesem Scriptoriumdes 16. Jhdts erarbeitete, gebildete und raffinierte Modell ist mehr als nur das Entstauben eines alten Werkzeuges, es ist im Gegenteil voll von einzelnen Konsonanzen, aber es ist eher ein kulturelles als ein Arbeitsmodell, und mu£ in diese reduzierte Dimension eingeordnet werden.'^'* Daneben — und fiir unseren Gesichtspunkt bedeutungsvoller - sieht man eine Unannehmlichkeit, die im Bereich der wirkenden Juristen schlängelt, wenigstens in den sensibleren oder jenen, die sich in Grenzbereichen finden, wo die Basis der Tradition von einer praktischen und kognitiven sich erneuernden Wir haben Gelegenheit gehabt, dies in einem unserer neuesten Arbeiten zu punktualisieren. Siehe P. Grossi, Un paradiso per Pothier-Robert Joseph Pothier e la proprietä .moderna*, in: Quaderni fiorentini per la storia del pensiero giuridico moderno, 14 (1985) S. 406 ff. Betreffs dieses Problemkomplexes miissen wir den Leser aut den im Druck betindlichen Band verweisen, siehe Anm. 35.

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