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46 Wenn dem so ist und Eigentumhauptsächlich eine gewisse Eignermentalität ist, wenn, generell gesehen, die Welt der dinglichen Situationen Verwurzelungen wiederspiegelt, die iiber das Juristische hinausgehen, bis sogar in die unerforschliche Zone des Unterbewufitseins, wenn dem so ist, ist es klar, dafi sich dem Rechtshistoriker als Mann doppelten Bewufttseins eine Notwendigkeit stellt, die seine Quellen angeht. Diese miissen sich ausweiten, bis sie die Historisierung juristischer Daten gestatten, aber sie mussen sich nur auf dem Gebiet — das stets enger scheint, aber das nur ausgeruhter und entwirrter ist —der technischen Entscheidungen verifizieren und klarstellen. Zwischen diesen beiden Spannungen, die teilweise in entgegengesetzter Richtung fliefien und die kulturell ziemlich unterschiedlich sind, steht der arme Untersucher unter demGewicht des fiir seine Schultern zu gro£en Biindels gebeugt da. Wie könnte der Historiker, die Urspriinge eines modernen Eigentums zwischen Mittelalter und Neuzeit erforschend, ohne den Theologen, jenen, gut ausgestatteten Anthropologen von gestern auskommen? Erst die volontaristische Theologie des 14. und 15. Jhdts. und später die zweite spanische Scholastik gaben ihm wertvolle Hinweise zur Verfolgung des versteckten Ariadnefadens, der unsichtbar aber sicher von den herkömmlichen juristischen pluralistischen Eigentiimern zu dem neuen Eigentum der Konstitutionen und Gesetzbiicher des 18. und 19. Jhdts. fiihrt. Und wie könnte der gleiche Historiker später demgleichen geheimen Faden folgen, wenn er sich die Intuitionen und Diagnosen der anglo-französischen Politphilosophie nicht zu eigen machte und vertiefte. Es wird der »possessive individualism" des 17. und 18. Jhdts mit seinen herausragenden Gipfeln wie Locke und den Physiokraten sein, der erosive Kritiken friiherer theologischer Linien autnehmend, Richtungen kultureller Geschehnisse interpretierend und sich die Projektzeichnungen herausragender Stände zu eigen machend, allmählich ein neues anthropologisches Modell der Subjekt-Phänomen und der Mensch-Giiter Beziehung konstruiert, das einzige, das auf der Mentalitätsebene agiert und damit erlaubt, den gordischen Knoten der friiheren Mentalität vom Grunde des Bewulbtseins zu verjagen und aufzulösen und am Ende eine erneuerte juristische Konstruktion zur Bliite zu bringen. Die Quellenskala kann nur eine breite und variierte sein, um dem legitimen Verständniswunsch gerecht zu werden, der im Herzen des Geschichtsmetiers liegt, und in dieser finden wir zweifelsohne auch die agrargeschichtlichen und katastalen Daten, denen gegeniiber wir bereits die iibertriebene Euphorie des Juristen gebremst haben und die aufgrund ihrer Natur nur einen relativen Anteil an der Rekonstruktion nach der vorgeschlagenen Weise haben können. Aber widersprechen wir damit nicht den vorhin gezogenen Schliissen? Es scheint uns nicht, denn es ist klar, dal^ die Arbeit des Rechtshistorikers, wenn er ökonomische Fakten, theologische Reflektionen, politologische Analysen betrachtet, sich in einemersten Stadiumseiner Untersuchung befindet, das wesentlich aber vorbereitend ist. Aus dem Gewirr der Mentalität will er die juri-

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