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37 vieler kleiner Indizien gelöst wird, well sich das Problem eben nicht in einer Strukturorganisation erschöpft. Andernfalls verbleiben wir in der strukturellen Benennung des Grundeigentums, die der alten franco-germanischen Geschichtswissenschaft positivistischer Pragung eigen ist, und von der ein alles andere als unwertes, aber sehr charakteristisches Zeugnis die Untersuchungen Pier Silverio Leicht’s sind.'° Es ist nicht die mechanische Summe der Teile die einemMosaik Sinn geben, sondern ihre Verschmelzung zu einem Bild. Und es ist hauptsächlich das Bild, dafi die Intuition des Historikers miBt, jenes intuitive Wissen, das ihn, aufgrund objektivem und verdientem Privileg von der Schwemme der ,eruditi‘ trennt. Und wenn es auch ein Bild im Besonderen gibt, so werden seine Ziige hauptsächlich in den grofien, perspektivischen Linien sichtbar. Dafi dieses nicht eine Straffe der Oberflächlichkeiten und leeren Reden ist, beweist uns Marc Bloch, der, harten Studien folgend, alles andere als auf idealistischen Wolken sitzt, sondern fest mit Archiv- und Bibliotheksarbeit verbunden ist und der uns, um vollends mit seinem ,metier d’historien‘ iibereinzustimmen, jene erleuchtenden Synthesen gab, von denen wir uns alle genährt haben und die vollgiiltig sind, obgleich sie groBen Spriingen folgen (die teilweise aus Mut und Provisorietät gemacht sind), weil sie namlich von der iibergreifenden Intuition getragen werden, die das Besondere iiberwindet, unter die Oberfläche schaut und Linien und Verbindungen wiederfindet, die zu sehen der ,erudito‘ niemals in der Lage war, noch in der Lage sein wird.” Der Atomspalterei jenes Juristen, der mit scholastischer Kälte die Institution in seiner technischen Trockenheit und Ausdruckslosigkeit rekonstruiert, ohne sich weitergehende Fragen zu stellen und sie von allemtrennt, was umsie herum geschieht, stellt sich die Haarspalterei dessen gegeniiber, der das juristische unter der Decke struktureller Fakten annulliert. Der Jurist, der die Eigentiimer historisch analysiert, braucht hingegen mehr als fiir jede andere Rechtsordnung ein doppeltes BewuBtsein, weil die Eigentiimer niemals Geschöpfe sein können, die in vorgefertigten Schubladen abgelegt werden. 5.) Halten wir uns noch ein wenig bei dieser Umarmung der Strukturen auf, in die wir uns, in ferner Vergangenheit wegen positivistischemEnthusiasmus und in naher Vergangenheit wegen paleomarxistischer Begeisterung so vollstandig geworfen haben. Dies war ein Verhalten, das den Alpträumen des Formalismus entsprang und das zweifelsohne ein heilendes Bad war. Heute ist jedoch der Moment gekommen, diesen leichten Enthusiasmus im Lichte eines komplexeren epistemologischen BewuBtseins zu messen. Unserer Meinung nach hat der nicht immer Studi sulla proprieta fondiaria nel medio evo (1937). " Was die GescKichte des Grundeigentums angeht, denken wir an ,La société féodale* (1939— 40) und an ,Les caracteres originaux de I’histoire rurale fran^aise' (1931).

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