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34 theken reduziert die fruhmittelalterliche Werkstatt das Eigentumauf einen rein katastalen Nenner und konstruiert ein System von dinglichen Situationen weder basierend auf dominiumnoch auf den dominia, sondern auf den vielfaltigen Positionen ökonomischer Effektivität, auf das Gut. Es ist das Reich der Effektivität, während das alte kiassische Ideal der Giiltigheit verschwindet, d.h. von der Korrespondenz von Modellen und Typen. Keine vorgebauten Strukturen und Formen sondern ein lebendiges und ungeordnetes Wimmeln einfacher Situationen, durch kein kulturelles Sieb gefiltert, das sich auf der Basis primärer Fakten wie Anschein, Ausiibung und Genub stellt. Und im Zentrum der Ordnung und seiner Aufmerksamkeit steht nicht mehr das Subjekt mit seinen Wiinschen und Forderungen, sondern die Dinge mit ihren natiirlichen Regeln, eine Kraft, die jede juristische Formprägt. Hier haben wir ein Ubermal? von neuen Institutionen und Ordnungen des enormen Materials neuer Prägung, aber diese Erfindungen und Ordnungen sind niemals vom Ståndpunkt des Eigentums aus gedacht. Das Eigentumsschema wird äufierst selten als Interpretationsschema erlebt und das Eigentum, ohne abgeleugnet zu werden, bleibt ein lebloses Geriist, in dem sich autonom andere Kräfte, präzise gesagt die Produktivkräfte der wachsenden Ordnung, einfiigen. Fiir den Rechtshistoriker könnte die Brille der individuellen Zugehörigkeit — selbst wenn wir sie zum Ma.ximum pluralisieren — zu einem Instrument des Unverständnisses werden, weil die Bindungen zwischen demSubjekt und den Giitern, die auf juristischer Ebene auftreten und mit denen sich jene Beziehungen aufbauen, die die Juristen dinglich, d.h. in re gewurzelt nennen, ganz unterschiedlicher Natur sind. Das zentrale Problem ist nicht das formelle und exklusive von den Grundbiichern benannte Band der Zugehörigkeit des Gutes zu jemandem, es ist vielmehr die Effektivität des Gutes. Abgesehen von seinen Formalisationen können wir auch sagen, der ,Besitz‘ des Gutes, wenn wir uns — wiederholen wir es, ein Mibverständnis wäre zu folgenreich — auf eine dem statischen Reich offizieller Formen entgegenlaufende Dimension der Tatsachen beziehen wollen. 4.) Unser Inventar von kulturellen Gefahren fur den Rechtshistoriker ist noch nicht beendet. In den vorangehenden Punkten, waren die herausragenden Gesichtspunkte durch die Verarmung jener gekennzeichnet, die mit einer Zugehörigkeitskultur vorbelastet sind oder, noch schlimmer, eingeengt durch ein individualistisches Zugehörigkeitsmodell alles in der Eigentumsgeschichte auflösen wollen und damit eine reduzierende Bearbeitung des reichen geschichtlichen Erbes liefern. Nicht weniger Gefahren trifft der Historiker der Eigentumsformen auch innerhalb der Erfahrungen, die sich auf jene Formen bauen und sich ihrer Festigkeit anvertrauen. Diese Gefahren sind von entgegengesetzten Vorzeichen geprägt, aber genauso enthistorisierend.

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