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Zur Rolle des Rechts bei stadtbiirgerlichen Gruppenbildungen imMittelalter Gerhard Dilcher I. Theoretische Grundlagen und Ziele Die Ebene dieses Vortrages soli nicht imBereich einer Geschichtstheorie oder gar einer dieser zugrundeliegenden Erkenntnistheorie liegen. Sie soli vielmehr das Verhaltnis theoretisch entwickelter Modelle und methodischer Vorgehenskonkreten Arbeit des Rechtshistorikers an einem bestimmten Thema weisen zur darstellen. Zuvor soil jedoch festgehalten werden, daft auch hierftir natiirlich gewisse Prämissen auf der zuerst genannten Ebene vorhanden sind. Sie sollen wenigstens in einem Satz angesprochen werden. Ich gehe insoweit davon aus, dafi der Erkenntnisvorgang des Historikers nicht auf ein von dem Forschungsvorgang unabhängiges Objekt gerichtet ist und ihm deshalb auch kein objektives Erkennen der Vergangenheit möglich ist. Ich meine aber doch, daft es so etwas wie vergangene Wirklichkeit als Gegenstand seines Bemiihens um Erkenntnis gibt, daB es sich bei der Geschichte also nicht nur um Illusionen im heutigen BewuBtsein handelt, sondern umden Versuch von Rekonstruktionen vergangener Wirklichkeiten, des Entwicklungsprozesses aus sozialen Faktizitäten, technischen Möglichkeiten, Werthaltungen und Weltwahrnehmungen, aus denen die unsrigen hervorgegangen sind. Ihr versucht sich der Historiker zu nähern in der Verfangenheit in eigene Vorverständnisse, der Gebundenheit an Erkenntnisinteressen und daraus abgeleitete Frageansätze und in der Beschranktheit der uberlieferten Quellenzeugnisse. Sein in einer langen Geschichte der Historiographie entwickeltes Instrumentariumdient dem ständigen Bemiihen, jenseits dieser Verfangenheiten zu Ergebnissen zu gelangen, die zwar an Aspekte und Sehweisen gebunden sind, innerhalb deren aber rational begriindbar und diskutierbar bleiben. Diese theoretischen Grundannahmen sind fiir die folgenden Ausfiihrungen insofern von Bedeutung, als die zu entwickelnden mehrfachen methodischen Zugriffe auf denselben Gegenstand nur so ihre Begriindung finden können. II. Erkenntnisinteressen und Fragestellungen der Rechtsgeschichte heute Die Bewufitheit der eigenen Erkenntnisinteressen ist fiir den vertretenen Ståndpunkt von Bedeutung. Sie sollen deshalb zuerst angesprochen werden.

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