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127 Rechtsgeschichtler in allzu hohem Grade älteren Perioden der schwedischen Rechtsentwicklung widmete. Die Rechtshistoriker konnten folglich selbst keine andere Aufgabe fur die Rechtsgeschichte sehen als die dienende; sie akzeptierten ohne weiteres eine im Verhältnis zu den positivrechtlichen Fachern untergebene Stellung. An Reflexionen iiber die Wissenschaftlichkeit der eigenen Forschungstätigkeit fehlte es in der Diskussion. Die Reformhatte zur Folge, daft Rechtsgeschichte fortsetzungsweise als ein obligatorisches Fach während des ersten Jahres studiert werden sollte. Die Unterrichtszeit wurde jedoch von 10 auf 6 Wochen verkiirzt. Ferner wurde festgestellt, daft das Studiumteils eine Ubersicht der europäischen Rechtsgeschichte, einschlieblich der Geschichte des römischen Rechts, teils eine Ubersicht der schwedischen Rechtsgeschichte umfassen sollte. Es wurde ausdriicklich hervorgehoben, dafi das Studium darauf zielen sollte, den Studenten eine Auffassung vom Zusammenhang zwischen der Rechtsentwicklung und der Gesellschaftsentwicklung im Ganzen zu geben. Die Wissenschaftsauffassung, die die heutige schwedische gesellschaftswissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Forschung prägt, hat fiir die Rechtsgeschichte zur Folge gehabt, daft sie einerseits ihre Legitimation beziehungsweise Existensberechtigung als Universitätsdisziplin auf die positivrechtlichen Fächer als eine Dienerin bezieht, andererseits, dafi sie sich durch eine Aneignung der Problemstellungen und Forschungsmethoden der Gesellschaftswissenschaften eine Stellung als legitime Wissenschaft zu verschaffen versucht. Diese Identitätsproblematik kann man heute sowohl im Unterricht als auch in der Forschung spiiren. In der Forschung ist man umeine Befriedigung der beiden Perspektiven bemiiht, sowohl die rechtsdogmatische wie die sozialgeschichtliche/soziologische, ohne Vermittlungspunkte zu finden. Besonders im Unterricht tritt dieses Dilemma mit Deutlichkeit hervor. Der rechtsgeschichtliche Stoff scheint iiberwältigend aus Mangel an nachweisbarer innerer Struktur und Idee. Die Studenten fiihlen sich machtlos und ratios vor einem amorphen und — wie es scheint — grenzenlosen Stoff. Dies hat zur Folge, da(^ sie nicht lernen um selbst zu schaffen, was meiner Meinung nach ein Leitstern des akademischen Studiums sein mufi, sondern, dafi sie sich den Stoff auf eine mechanische und unproduktive Weise einpauken, indem sie sich nur auf das Gedächtnis und nicht auf ihre eigene schöpfende Kraft verlassen (non vitae sed scholae discunt). Die Rechtsgeschichte wird ein toter Stoff, den man wegen einer Priifung lernt, umihn dann schnell zu vergessen. Wenn man die Lage der Rechtsgeschichte im Unterricht bedenkt liegt es nahe, Anselm Feuerbach anzufiihren, der das folgende Urteil iiber die Geschichte im Hinblick auf die historische Schule ausgesprochen hat: Die Geschichte erklart, wie Etwas nach und nach geworden; wie und

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