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124 Die rechtswissenschaftlichen Ansätze der historischen Schule wurden schon in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts in das schwedische Universitätsstudiumeingefiihrt. Carl Johan Schlyter, einer der hervorragendsten Universitätsjuristen des 19. Jahrhunderts hat auch Savigny recht verstanden, wenn er die Auffassung vertrat, daft die Geschichte fiir die Wissenschaftlichkeit des Rechts iiberhaupt mitkonstituierend sei. Die imJahre 1897 neueingerichtete Spezialprofesseur der Rechtsgeschichte symbolisierte deswegen eine endgiiltige Zuriickdrängung der Wissenschaftskonzeption der historischen Schule. Als Motiv fur die Einrichtung der Professur wurde Folgendes angegeben: 1. Während des 19. Jahrhunderts hatten hervorragende ausländische, d.h. deutsche, Forscher (Amira, Maurer) auf die grundlegende Bedeutung der schwedischen mittelalterlichen Gesetze fiir ein wissenschaftliches Studium aller germxanischen Rechtsbildungen hingewiesen. Aus nationalen Griinden war es fiir Schweden unerw'iinscht, dafi man auf diesemideologisch bedeutungsvollen Forschungsgebiet von ausländischer Forschung abhängig war. Deswegen war es angebracht, dafJ auch in Schweden finanzielle Mittel fiir diesen Zweck bereitgestellt wurden. 2. Aufterdem stellte das Fach einen wichtigen Erkenntnisvorrat ftir das positive Recht dar. Die Rechtsgeschichte sollte folglich in der Eigenschaft einer „Dienerin” rechtsgeschichtliche Einfiihrungen und Hintergriinde der Gesetzgebung und der Rechtswissenschaft zur Verfiigung stellen. Die Entwicklung des Faches ist seit 1897 von einer fortgehenden Isolierung von dem iibrigen Rechtsstudium gepragt. In immer höherem Grad hat man Rechtsgeschichte als eine antiquarische Tätigkeit mit einem gewissen Kuriositätswert aufgefal^t. Im besten Falle hat man Rechtsgeschichte als einen allgemeinen Bildungsstoff charakterisiert, den jeder schwedische Jurist im Gepäck haben mufi. Daft Rechtsgeschichte zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Rechts beitragen konnte und sollte, gehört nicht zu dieser Vorstellungswelt. Die problematische Lage der Rechtsgeschichte ist auch seitdem bei jeder Reform der juristischen Ausbildung aktualisiert geworden. Zu wiederholten Malen hat man gefordert, dafi Rechtsgeschichte als eine selbständige Unterrichts- und Forschungsdisziplin abgeschafft werden sollte. Der rechtshistorische Stoff sollte stattdessen aufgeteilt werden und als Einfiihrungen in die positivrechtlichen Fächer aufgenommen werden. Die juristischen Fakultäten haben jedoch ihre Forschungsmittel stark verteidigt und es ist ihnen gelungen, die Universitätsbehörden zu iiberzeugen, dal? man einen besonderen Lehrstuhl der Rechtsgeschichte zur Verfiigung haben mufite. Charakteristisch fiir die Lage der Rechtsgeschichte und die wachsenden Anspriiche auf eine gesellschaftswissenschaftliche Anpassung der Rechtsgeschichte ist, wenn man im Zusammenhang mit einer Studienreform in den funfziger Jahren den Forderungen auf eine Abschaffung der Rechtsgeschichte auf folgende Weise begegnete:

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