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92 ren, und einem politischen Prozef? andererseits, in welchem Gesetze und Rechtssprechung als Instrumente der Leitung und Lenkung des sozialen Prozesses benutzt werden. Diese Trennung von sozial und politisch ist fiir seine Analyse grundlegend. Der soziale Prozefi wird aber in Hursts Untersuchungen nur schwer zugänglich. Er ist dunkler als der politische. Hurst versäumt es nämlich, den sozialen Prozefi begrifflich näher zu definieren. Unter den sog. sozialen Prozefikomponenten versteht er offenbar solche Faktoren, die fiir die Forstwirtschaft bestimmend und vorrangig sind und die, wenn sie sich selbst verändern, wiederum die Bildung neuer Verhältnisse bewirken: Bevölkerungsstruktur, Ressourcen und ihre Verfiigbarkeit, vorhandene Techniken, Arbeitsorganisation, Interessen und Einschätzungen, die das Verhalten der Akteure bestimmen. Man könnte daher fast den Eindruck erhalten, daB man hier einer Entsprechung zum marxistischen Schema vom Uber - und Unterbau begegnet, allerdings ohne jede sonstige Ähnlichkeit mit dem materialistischen Denkmodell. Man kann aber feststeilen, daB hier die Bedeutung der materiellen Faktoren und des sozialen Rahmens und Kontextes mit neuen und ungewöhnlichen Vorzeichen demonstriert wird. Der politische Prozel? läl^t sich, wie man leicht einsieht, im Verhältnis zum sozialen als sekundär begreifen. Die Politik reagiert auf Verhältnisse des sozialen Prozesses, umdiese Verhältnisse in andere Richtungen zu lenken. Die Politik kann aber den sozialen Rahmen, im Sinne der Hurstschen Analyse, nicht iiberschreiten. Der politische Prozei5 kommt in Beschliissen iiber die Höhe von Abgaben und Beisteuern, von Kreditbeschränkungen, Besteuerung, Regulierungen, öffentlichen Unternehmen und Entwicklungsprojekten zum Ausdruck. All das ist gewöhnlich in Formvon gedrucktemMaterial oder Archivmaterial offizieller oder privater Art, in Gesetzen, Vorarbeiten zur Gesetzgebung, in Regierungsvorschriften, Berichten und Gerichtsentscheidungen greifbar. Man hat es hier also mit einem Quellenbegriff zu tun, der fiir die „traditionelle” Rechtsgeschichte ziemlich ungewöhnlich ist. Was läfit sich mitteis einer solchen Methode wie der von Hurst nachweisen? Sie bietet uns die Möglichkeit, die materielle Rechtsentwicklung besser zu verstehen. Die Rechtsentwicklung ist sozusagen nicht länger ein Ding an sich. Das Rechtliche läBt sich als Teil eines es umgebenden, grundlegenden soziopolitischen Prozesses verstehen, dessen Breite und Tiefe nur von den Anstrengungen, den Möglichkeiten und den Fragestellungen seitens des Forschers begrenzt werden kann. Aber, und das ist fiir die umfassenderen Forschungsperspektiven sehr wichtig: die Hurstsche Methode wirkt forschungsmäBig integrierend. Die strenge Grenze zwischen einer ,,rechtswissenschaftlich” betriebenen Rechtsgeschichte einerseits und Rechtssoziologie, Sozialgeschichte, politischer und Wirtschaftsgeschichte andererseits läl^t sich nahezu auf ein Mini-

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