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90 Ich glaube, dafi wir alle zu solchen Schlufifolgerungen gelangen können, ohne uns einemtiefschiirfenden Theoretisieren hinzugeben. Einen ganz anderen Versuch, die Frage nach dem Recht und der sozialen Veränderung zu lösen, hat der amerikanische Rechtshistoriker Willard Hurst formuliert, oder besser gesagt: Hurst hat im Underschied zu Renner keine Theorie vorgelegt. Er hat nur als Sozial-, Wirtschafts- und Rechtshistoriker eine Problemstruktur umrissen, und innerhalb derselben umfassende Untersuchungen vorgenommen. Im Gegensatz zu Renner geht Hurst von dem aus, was praktisch brauchbar ist. Er spricht selbst von einem „Untersuchungsmodell”, a model of enquiry. Man hat in der wissenschaftlichen Literatur häufig diskutiert, ob bei Hurst von legal history oder von sociology of law zu sprechen sei. Hurst hat, wie wohl allgemein bekannt, eine Reihe von Schriften iiber die Entwicklung des Gesetzes und den sozialen Prozel? bzw. iiber das Gesetz und die ökonomische Entwicklung in den Vereinigten Staaten veröffentlicht, besonders das hervorragende Werk Law and Economic Growth mit dem Untertitel The Legal History of the Lumber Industry in Wisconsin 1836—1916. Die Untersuchung wurde 1964 publiziert. Ich mufi bekennen, dafi ich kaum eine andere rechtsgeschichtliche Arbeit iiber ein Thema der Zeit nach 1800 gelesen habe, die die Frage nach der Rechtsentwicklung und der ,,Sozialbedingtheit” des Rechts so hervorragend behandelt wie diese. Die von Hurst so stark gepragte Law-and-Society-Bewegung wird bei uns leider nicht geniigend gewiirdigt. Teilweise läftt sich dieser Umstand jedoch damit erklären, daft weder Hurst noch seine zahlreichen Nachfolger in Amerika eine allgemeine Rechtstheorie formuliert haben. Man könnte das so kommentieren, daft Hursts analytische Methode nur unter Schwierigkeiten mit dem traditionellen rechtspositivistischen Paradigma zu vereinbaren ist, und eine solche Bewertung reicht leider schon aus, umdie ganze Bewegung als ,,eigentlich nicht rechtswissenschaftlich” abzuwerten. Hurst wurde, und das ist eigentlich sehr bezeichnend, bei uns von dem Rechtssoziologen Per Stjernquist, einem Forscher, der ebenfalls keine nur rechtspositivistische Analyse vertreten wollte, eingefiihrt. Ich zeichne imfolgenden eine von Stjernquist durchgefiihrte Analyse des Hurstschen Werkes nach.- Das allgemeine Problem stellt sich fiir Hurst als Untersuchung von some operations of law among processes of social change and stability dar. Die empirischen Untersuchungen handeln, unabhängig vomjeweils einzelnen Gegenstand, vomgleichen Hauptproblem, das der Verfasser selbst folgendermassen beschreibt: The particular story of law and lumber in Wisconsin is matter only of - Ct. Stjernquist, P., Rättens roll i social törändring (Die Rolle des Rechts in der sozialen Veränderung), Forskningsradsnämnden, rapport 2-S, 1976 (Nur in schwedischer Sprache publiziert).

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