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Notker Hammerstein 36 Urteil war iiisoweit kein Einzelfall, wonach Thomasius derjenige sei, dem ,,Teutschland die Freyheit im raissoniren zu dancken hat“d® In seinen eigenen Versuchen, Naturrechts-Compendium zu verfassen, schloB sich Thomasius zunächst eng an Pufendorf and^ von dem er sparer einmal urteilte: „Is sub manuductione Weigelii primus in Germania cogitavit moralia principia ad scientiam redigere in elementis jurisprudentiae universalis, methodo mathematica conscriptis, ubi Grotio et Hobbesio se multim debere fatetur ... At postquam majus opus de jure naturae et gentium publicavit, in quo aperte disputavit contra sententiam Scholasti- “ 18 corum, . . . In seinen späteren Arbeiten modifizierte Thomasius jedoch seine Einstellung zu Pufendorf, fand er eine differenziertere Ableitung und Zuordnung der Naturrechts-Lehre, bestimmte insgesamt ihren Ort innerhalb der Rechtswissenschaft anders als dieser.^^ Nicht zuletzt indem er —gemeinsam mit Mitstreitern und Schiilern — auch noch andere Disziplinen zu zentralen Materien einer erneuerten Jurisprudenz emporhob, verschob er den Stellenwert des Naturrechts, veranderte er die ihm bei Pufendorf zukommende Rolle. Ich kann und brauche auch das hier nicht ausfiihrlicher darzustellen.^®Einige erinnernde Hinweise mögen geniigen. So schob Thomasius das Jus divinum entschieden weiter hinaus als Pufendorf. Er trennte nachhaltig Recht und Sittlichkeit, ja wollte im Grunde dem Naturrecht keine unmittelbar verpflichtende, normative Kraft belassen. Damit waren begreiflicherweise nachhaltige Änderungen gegeniiber dem älteren Ansatz eines Grotius oder Pufendorf gegeben. Zwar blieb der gottliche Ordnungs- und Rechtswillen letzte Ursache einer jeden Rechtswelt. Aber viel mehr als eine ziemlich allgemeine Lehre vomrichtigen Recht war das Naturrecht nun nicht mehr. Es behielt sein Gewicht als — allgemeinste —Bedingung des Rechts, als subsidiäre Rechtsquelle im Falle nicht präzis vorgegebener Gesetze bzw. mangelnder positiver Ausfuhrungsbestimmungen. Vor allem konnte und sollte es nicht dazu dienen, „more geometrico“ —wie es bei Pufendorf laut Thomasius der Fall war —die bestehende Rechtsordnung auf den Begriff zu bringen, und sei es tief einG. Stolle, Anleitung zur Historic der Juristischen Gelahrtheit, Cap. VI, 418; zit. bei H. Riiping, Die Naturrechtslehre des Christian Thomasius und ihre Fortbildung in der Thomasius-Schule, Bonn 1968, 183. Insbcs. in seinen Institutiones Jurisprudentiae Divinae, Leipzig 1688 (Reprint Aalen 1963). Paulo Plenior, Historia Juris Naturalis, Halle 1719, 6. Insbes. in den Fundamenta Juris Naturae et Gentium, Halle 1718'* (Reprint Aalen 1963); vgl. dazu auch Chr. Link, Herrschaftsordnung und bUrgerliche Freiheit, Wien/ Köln/Graz 1979. Vgl. meine eigenen, bereits angefuhrten Arbeiten, sowie die von Link, Riiping — auch fiir das folgende.

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