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PUFENDORF UND UNSERE ZeIT 5 wältigen kann oder mag, muB man durch Verträge absichern; wo fur diese kein Raum ist, tritt die Liebe an ihre Stelle/^^ Ware die Menschheit nach dieser von Pufendorf aufgestellten Regel verfahren — wie viel ware ihr erspart geblieben! 2. Methodenlehre Wir wenden uns damit dem zweiten Abschnitt zu und fragen, ob denn in unseren heutigen, scheinbar so perfekten Rechtsordnungen iiberhaupt noch Platz ist fiir ein solches vorgegebenes Naturrecht, oder ob es sich dabei nicht vielmehr um ein willkiirliches Gedankenspiel handelt, das bald so, bald so ausgerichtet wird —je nach der weltanschaulichen und polltischen Uberzcugung des Einzelnen, je nach seiner Herkunft, Erziehung, Manipulation. Ware es nicht eine Gefahr fur den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat, wenn wir einem solchen auf subjektiven Gedanken und Wertungen beruhenden Naturrecht Raum geben wiirden? Haben wir doch iiberall, wo nicht eine Diktatur herrscht, den verfassungsmaBig abgesicherten Gesetzgeber, dessen Perfektionismus — in Zusammenarbeit mit den Gerichten —unser positives Recht bis in die kleinsten Kleinigkeiten vorschreibt? Was soli uns daneben noch das Naturrecht? Eben diese Auffassung gilt es mit Pufendorf zu bekämpfen. Wenn der Jurist, sei er nun Richter, Anwalt, Verwaltungsbeamter oder Wissenschaftler, aufhort, dariiber nachzudenken, was Recht sein soil, dann ist er wirklich nur noch ,ein armDing‘ —so Martin Luther —, ein ,Fcststellungserforderniserfiiller', wie man gesagt hat. Auch die Auslegung des Gesetzes, die sich streng an dessen Wortlaut halt, wie dies dem Richter nun einmal geboten ist, bleibt doch immer noch eine Rechts f i n d u n g. Und es wird auch immer wieder Fälle geben, in denen Zweifel am richtigen Gebrauch des Rechts, an der Auswahl des zutreffenden Paragraphen fiir einen gegebenen Sachverhalt geboten sind, in denen am Ende der Richter, der Beamte, der Advokat eben doch eine Entscheidung nach dem e i g e n e n Ge wi s s e 11 treffen muB. Fur solche Fälle aber kann uns gerade die Methode von Pufendorf ein Vorbild sein. Er hat unzahlige schwierige Rechtsfragen —gewiB unter Heranziehung einer erstaunlichen Menge von Zitaten aus der Literatur, und keineswegs nur aus der juristischen^^ —mit “ DJNG 111,4,1. Vgl. hierzu auBer dem oben in Anm. 5 angefiihrten Sammclband auch die von Franz Bockle und Ernst-Wolfgang Böckenförde herausgegebene Aufsatzsammlung ,Kritik des Naturrechts', Mainz 1973, zumal den Beitrag ,Die Aktualitat des Naturrechts' von R. Spaemann. Das Verzeichnis der Zitate in DJNG im Anhang des Werks von H. Dcnzer, S. 333— 357 gehört zu dessen besonderen Verdiensten.

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