RS 11

Elsa Sjöholm 150 Zusammenfassung Rättlösa Rättlösa ist einer der umstrittensten Ausdriicke in den nordischen Gesetzen des Mittelalters. Er wird im Zusammenhang mit Schäden an Eigentum sowie bei der Weigerung benutzt, in solchen Fallen beim Thing bei Beweiserhebungen mitzuwirken oder sich auf eine Klage einzulassen. Die Diskussion hat sich darum gehandelt, wie man teils den Ausdruck, teils die eigentiimliche Mischung von Bestimmungen erklären soil, die in dem Rättlösabalken (wörtlich Rechtlosigkeitsteil) der Västgöta-Gesetze enthalten sind. Eine eigentliche Antwort ist nicht erfolgt. Man hat es bei der unbefriedigenden Uebersetzung von Rättlösa mit „laglöshet“ (Gesetzlosigkeit) und von Rättslösabalken mit „Laglöshetsbalken“ (Gesetzlosigkeitsteil) belassen. Rättlösa kommt in den Abschnitten der Gesetze iiber die Dorfgenossenschaft vor die als „uraltes Bauernrecht“ betrachtet wurden. Dies ist der Grund dafiir, dass die bisherige Forschung nur nach einheimischen Erklärungen des Ausdrucks gesucht hat. Das Projekt „De svenska medeltidslagarna somhistoriska källor“ (Die schwedischen Gesetze des Mittelalters als historische Quellen) geht statt dessen als Arbeitshypothese davon aus, dass der hauptsächliche Inhalt in den nordischen Gesetzen des Mittelalters von aussen herstammt. Der Rättlösafall wird zu einer Testfrage dariiber, ob dies auch fiir die besagten Abschnitte gilt. Es fragt sich dann, ob Rättlösa eine weniger gegliickte Uebersetzung aus dem Lateinischen sein kann. Im justinianischen Recht bezeichnet der Ausdruck iniuria allgemein alles, was unrecht ist, und wird er teils bei Personenschäden und teils in der Form des damnum iniuria bei Sachschäden angewandt. In den Leges barbarorum ist der Ausdruck weniger gewöhnlich fiir Personenschäden, kommt er aber manchmal fiir Sachschäden und fiir Ehrenkränkungen vor. Auch die Ausdriicke contra legem und iniuste kommen in diesen Zusammenhängen vor. Im späteren deutschen Recht kommen die Ausdriicke Unrecht und Unzucht vor. In einigen Fällen ist der Ausdruck auch fiir Rechtsverweigerung belegt. Es ergibt sich der Schlussatz, dass man eine gute Erklärung fiir den nordischen Ausdruck erhält, wenn man annimmt, dass er eine direkte oder indirekte Uebersetzung des lateinischen Ausdrucks darstellt. Die Frage des Inhaltes des Rättlösabalken ist komplizierter (hier wird von den einleitenden Wahlbestimmungen abgesehen, die offenbar nicht hierher gehören). Der angenommene Ausgangspunkt ist, dass das Alte Testament und besonders der Pentateuch nebst dem römischen Recht die Hauptquellen fiir alles mittelalterliche Recht sind. Was die nordischen Gesetze betrifft, kommt kontinentalas Recht als Vorbild dazu. Der Einfluss des römischen Rechts auf das Recht des Abendlandes ist seit langem Gegenstand umfassender Forschung. Dass das mosaische Recht viel fiir späteres europäisches Recht bedeutet hat, ist gleichfalls erwiesen. Hingegen ist dessen Bedeutung fiir das mittelalterliche Recht trotz gewisser Punkteinsätze ein versäumtes Kapitel. Die These der Verfasserin, dass mosaisches Recht alles abendländische Recht des Mittelalters in entscheidender Weise gestaltet hat, wird damit zu etwas Neuem. Es handelt sich sowohl um grundlegende Prinzipien als auch um konkrete Einzelheiten. Hier sei nur der das abendländische mittelalterliche Recht durchziehende Grundsatz erwähnt, dass der Angeklagte schuldig ist, bis er seine Unschuld bewiesen hat. Dies stimmt ganz mit dem mosaischen Verbandsgedanken uberein, wodurch die Strafe fiir eine ungebiisste Schuld des

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=