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67 Einwilligung zu bringen“.’ Es war mithin, nach Kants Auffassung, die Art und Weise der Beilegung des Streites ausschlaggebend dafiir, inwieweit er als gesetzwidrig zu betrachten war oder nicht. Ein Zweikampf zwischen entgegengesetzten Auffassungen, der nach oberflächlichen Zwecken entschieden wurde, war, ausgehend von demAnspruch der emanzipierten Vernunft nach Hegemonie innerhalb des Bereichs der wissenschaftlichen Argumentation, gesetzwidrig — denn der nahm der Vernunft deren Rolle als unumschränkter Schiedsrichter weg. Auf diese Weise gesetzwidrig war auch der Streit, der zwischen den einzelnen Hauptzweigen des Universitätsorganismus — den Fakultäten^ — entbrannte, oder wie Kant es ausdriickte: ,,Nun wird der Streit der Fakultäten umden Einflufi aufs Volk gefuhrt“/ Ausgangspunkt fiir den sogenannten Streit der Fakultäten bildete das Verhältnis zwischen zwei Klassen von Fakultäten, den ,,oberen“ Fakultäten und den ,,unteren“ Fakultäten. Zwischen diesen herrschte ein Zustand von offenemAntagonismus, der sich sehr oft in regelrechten Streitigkeiten unter ihnen ausdriickte.^ Diese Feindschaft zwischen den unteren und den oberen Fakultäten wurde dadurch verursacht, dafi diese Klassen von Fakultäten den Grund zu ihrer Tätigkeit in verschiedenen Typen von Interessen legten. Die Lehren der oberen Fakultäten wurden dadurch gekennzeichnet, dal? sie ihren Ausgangspunkt in gewissen, scheinbar aus den ausgewählten, Schriften hatten: „Da{? eine solche Schrift (oder Buch) Statute, d.i. von der Willkiir eines Obern ausgehende (fiir sich selbst nicht aus der Vernunft entspringende) Lehren, enthalten miisse, versteht sich von selbst . . . und dieses gilt auch von dem Gesetzbuche selbst in Ansehung derjenigen öffentlich vorzutragenden Lehren, die zugleich aus der Vernunft abgeleitet werden könnten, auf deren Ansehen aber jenes keine Riicksicht nimmt, sondern den Befehl eines äuberen Gesetzgebers zumGrunde legt. willkiirlichen Griin- « 6 Kants Bestimmung dieser Klasse von Fakultäten bedeutet, dal? die oberen Fakultäten ausschliel?lich durch die Quelle, aus der die einzelnen Fakultäten den Inhalt ihrer Lehren schöpften, charakterisiert wurden. Die Schriften, die auf diese Weise die Grundlage fiir die Lehren der oberen Fakultäten bildeten, waren notwendigerweise von aul?en gegeben und dadurch vorwiegend von äul?eren Interessen legitimiert. Die von aul?en gegebenen Regelsammlungen, die die Aktivität der oberen Fakultäten regelten, mul?ten als qualitativ verschieden von der Produktion dieser Fakultäten angesehen werden. Den eigenen Produkten der Fakultät, den ’ K.uit, Immanuel, Der Streit der Fakultäten, S. 339 t. ■’ AaO. S. 327; . . Fakultäten (kleiner, nach Versclnedenheit der Hauptfächer der Gelehrsamkeit, in welche sich die Umversitatsgelehrte teilen, verschiedener Gesellschaften). . ' AaO. S. 340. ^ Siehe aaO. S. 328. AaO. S. 332. 6

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