RB 44

58 phischen Nowendigkeit entgegengesetzt aufgefaf^t wurde und die die Vernunft veranlafite, die Freiheit der wissenschaftlichen Tätigkeit in äufieren, zufälligen Zwecksetzungen zu griinden zu suchen. Schelling konstatierte: „Diejenige Freiheit, die man in dem empirischen Handeln sucht oder zu erblicken glaubt, ist ebensowenig wahre Freiheit und ebenso Täuschung, wie die Wahrheit, die imempirischen Wissen. Es gibt keine wahre Freiheit, als durch absolute Nothwendigkeit, und zwischen jener und dieser ist selbst wieder das Verhältnis, wie zwischen absolutemWissen und absolutemHandeln“d^° Da ,,wir“, d.h. die absolute Vernunft, ,,keine Gegensätze als wahr zugeben, z.B. den des Wissens und des Handelns",*^’ war es notwendig, das Handeln als eine Realisierung der idealen Einheit und des Charakters der Erkenntnis aufzufassen: „das Objektivwerden des Wissens“d*^ ohne Ideen möglich; das wahre und freie Handeln wird vielmehr umgekehrt durch eine zweckgerichtete, bewufite Tat ausgemacht, notwendigerweise von der theoretischen Reflexion vorgegangen: „Es gibt keine ohne Ideen, und alles sittliche Handeln ist es nur als Ausdruck von Ideen.“ Kein wahres Handeln ist damit Diese wirklich freie Wissenschaftlichkeit löste die Vernunft von den Begrenzungen, die die kopernikanische Wende demErkenntnissubjekt auferlegt hatte.'*'* Durch die prinzipielle Identität zwischen Subjekt und Objekt in der Erkenntnis war es der Vernunft möglich geworden, materielle Griinde fiir ihre Bearbeitung des Stoffes zu suchen - ohne in Widerspriiche zu geraten. Damit wurde der grundlegende Gegensatz in Kants Vernunftsauffassung aufgelöst: die Unfähigkeit der Vernunft, das historische Handeln theoretisch als objektiven Ausdruck ihres Wesens aufzufassen. Diese Koppelung zwischen den zwei Offenbarungsformen der Vernunft, deren idealen und realen Erscheinung, hob damit auch endgiiltig die Zweiteilung im grofien System der Wissenschaft zwischen subjekt- und objektgeprägten Erkenntnisarten auf. Jeder Aspekt der produktiven Kraft der Vernunft konnte mit dieser Erfiillung der Emanzipation der Vernunft, in der wissenschaftlichen Argumentation begriindet werden - und kein Zweig im Baum der Erkenntnis war damit genötigt, seine Existenz durch Niitzlichkeitsargumente zu legitimie18C AaO. S. 222. AaO. S. 235. AaO. S. 282. AaO. S. 259. Friedrich Engels driickte in seiner Schrift, Schelling und die Offenbarung, seine Bewunderung fiir den Versuch des jungen Schellings aus, die Metaphysik aus dem eisenharten Griff der Abstraktion zu befreien und damit die kopernikanische Wende zu vollziehen: es war Schelling, der „die Torflugel des Philosophierens weit auf(rifi), dafi der frische Ffauch der Natur durch die Räume des abstrakten Gedankens wehte, daf? der warme Friihlingsstrahl auf den Samen der Kategorien fiel und alle schlummernden Kräfte erweckte.“, zit. nach Lange/Biedermann, aaO. S. 15. 181 182 183

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=