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53 vielmehr sind alle eben durch sie und in ihr eins“.'^'* Diese Aufgabe, die Grunddisziplin der Wissenschaft zu sein, konnte die Metaphysik nur erfiillen, wenn der äul^ere Gegensatz in der Philosophie, der deren kantianische Formprägte, in dem absoluten Vernunftsstandpunkt aufgelöst wurde. Die historischen Erkenntnisarten konnten folglich wissenschaftliche Formnur in ihrem erkenntnistheoretischen Gegensatz erreichen; in der apriorischen Erkenntnis. Dieser Gedankengang gibt eine Andeutung davon wieder, dafi Schelling von Rechts wegen die historischen und die philosophischen Erkenntnisarten nicht als einzelne Wissenschaften auffassen konnte. Schelling war stattdessen der Ansicht, dafi Geschichte und Philosophie prinzipiell entgegengesetzte Elemente, vereinigt in der absoluten Einheit der Erkenntnis darstellten. Die Philosophie: „das, was alles ist, eben deswegen nichts insbesonderes seyn kann“,'^^ kann als eine Selbstverständlichkeit erscheinen. Die Funktion der historischen Erkenntnisarten in der wissenschaftlichen Tätigkeit scheint stattdessen mehr unklar zu sein. Die blofi empirische Geschichte — die stoffliche Vielfalt — hatte selbst keine philosophische Bestimmung und konnte infolgedessen selbst nicht wissenschaftlich sein und noch weniger eine besondere Wissenschaft darstellen. Allein durch die philosophische Konstruktion des historischen Stoffes bekamen die historischen Erkenntnisarten wissenschaftlichen Charakter verliehen - denn: „Erst dann erhält die Geschichte ihre Vollendung fiir die Vernunft, wenn die empirischen Ursachen; indem sie den Verstand befriedigen, als Werkzeuge und Mittel der Erscheinung einer höheren Nothwendigkeit gebraucht werden“.'^^ Mit der Systematisierung des Stoffes durch die philosophische Reflexion ging der zufällige Charakter der historischen Individualität in die Notwendigkeit der Finalität und der Ganzheit iiber. ImUnterschied zu der reflexionsphilosophischen Vernunft blieb die schellingsche Vernunft jedoch nicht bei dieser Leistung stehen; durch eine Synthese zwischen dem apriorischen und dem aposteriorischen Erkenntniselement entstand das wirkliche Wissen: „Die reale Darstellung des Urwissens ist alles andere Wissen, von jenem durch das Element des Concreten geschieden aber in diesemherrscht auch die Absonderung und Trennung, und es kann nie in dem Individuum real eins werden, sondern allein in der Gattung, und auch in dieser nur fiir eine intellektuelle Anschauung, die den unendlichen Fortschritt als Gegenwart erblickt. Nun ist aber allgemein einzusehen, dalJ das reel-Werden einer Idee in beständigem Fortschritt, so dal? zwar nie das Einzelne, aber doch das Ganze ihr angemessen ist, sicb als Geschichte ausdrucke. Geschichte ist weder das rein Verstandes-Gesetzmähige, dem Begriff Unterworfene, noch das rein Gesetzlose, sondern was, mit dem Schein der Freiheit im Einzelnen, Nothwendigkeit im Ganzen verbindet. Schelling, aaO. S. 261. AaO. S. 284. A.iO. S. 310. Ihf>

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