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41 dung in Abstraktion und Formalismus zu brechen, die jeden Versuch zu Veränderung und Erweiterung unmöglich machte. Die Philosophie als akademische Disziplin rang mit einem Problem, dafi nahezu identisch mit dem der Logik war: die Wissenschaft, die allein die Darstellung des rein idealen Ausdrucks des Absoluten zur Aufgabe hat,'^^ konnte, nach der kopernikanischen Wende, an sich kein Entwicklungspotential mehr enthalten. Es ist offenbar, dafi die Abgrenzung der philosophischen Erkenntnis die Ursache zur statischen Natur der Disziplin war. Da Schelling feststellte, dal? alle wahre Existenz durch eine zielgerichtete Bewegung dargestellt wurde, war die Forderung, dal? die Vernunft sowohl die Wirklichkeit als auch die Erkenntnis als eine in Vereinigung zielgerichtete Bewegung auffassen sollte - die Realisierung des Wesens des Objektes und der Vernunft — von grundlegender Bedeutung fur den Fortbestånd der wissenschaftlichen Tätigkeit. Diese Anforderung an die materielle Bearbeitung des Stoffes durch die transzendentalphilosophische Vernunft zwang das Erkenntnissubjekt, die mögliche Reichweite seiner produktiven Fähigkeit zu untersuchen, umauf diese Weise einen Weg zur Natur der Dinge zu finden. Der emanzipierten Vernunft erschien es natiirlich, das notwendige Experiment mit den Grenzen ihrer einheitschaffenden Kraft einzuleiten, nämlich damit, diese Kraft mit dem Objekt, das sich demErkenntnissubjekt am nächsten befand, zu konfrontieren — näher bestimmt, mit demWesen der Vernunft. Die objektive Seite der Vernunft wurde, nach Schellings Auffassung, durch die spezifische Bewegung dargestellt, durch die der reale Ausdruck des Objekts in Ubereinstimmung mit seiner idealen Einheit gebracht wurde und darin aufging. Das Charakteristischste fiir das Wesen der Vernunft, war dessen idealer Ausdruck, die Erzeugung von Erkenntnis. Die Vernunft mul?te, in dem Mal?e, in dem sie ihre objektive Erscheinungsform zu analysieren suchte, die Natur ihrer Tätigkeit untersuchen; das ideale Streben, Erkenntnis hervorzubringen, wie Schelling philosophische Konstruktion bezeichnete, war also das eigentliche Objekt fiir die Untersuchung. Wenn Kant in der Kritik der reinen Vernunft einen Weg zu einer wahren Bestimmung der Natur der Vernunft durch das Studium des Verhaltens des Erkenntnissubjekts in der Entwicklung verschiedener Wissenschaften zu finden suchte, bedeutete dies, dal? die kantianische Vernunft einen Weg zu philosophischem Selbstverständnis durch das Studium ihrer objektiven, aktiven Seite zu schaffen versuchte. Durch jede „kopernikanische“ Tat, die eine durchgreifende Revolution des Denkens mit sich brachte, war der reale Ståndpunkt der Vernunft verändert worden. Diese Strategie, die die kantianische Vernunft bei ihrem Versuch ihre proAaO. S. 280: „Die Philosophie ist unmittelbare Darstellung und Wissenschaft des Urwissens selbst, aber sie ist nur ideal, nicht real“.

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