RB 44

169 Die kantianische Bestimmung der Vernunft — von der ausgehend es notwendig war, das formell geprägte Kenntnissubjekt von jeder materiellen Objektbestimmung zu trennen, umdie vermeintliche Freiheit der Vernunft zu bewahren — fiihrte zu einer leeren und abstrakten wissenschaftlichen Tätigkeit: „Wie die Vernunft ein Vermögen ist, eine Kenntnis formell zu entwickeln, so mu£ der materielle oder reelle Grundstoff von anderswo gegeben sein, aber dagegen kein Leben, keine Realität kann aus der Vernunft selbst entwickelt werden, während daraus nichts genommen werden kann, was es da nicht gibt, so hat die Philosophie, da sie sich dennoch zutraute, aus der reinen Vernunft das Universum zu konstruieren, und da sie hierbei mit strenger logischer Konsequenz verfuhr, mufi die Wahrheit in dem Satz sein: ex nihilo nihil fit; denn da sie auf der Leiter der Abstraktion zu den niedersten Tiefen der Wissensquelle niederstieg, so hat sie dort, nachdem was man voraussagen konnte, als Urwesen aller Dinge, in ihre Hände- das leere Nichts - bekommen, und das Bauwerk, dafi die Philosophie darauf errichtet, war auch dazu passend geworden, denn ein Gewebe aus leeren logischen Formeln war alles gewesen, was auf diesemWeg zustandegebracht werden konnte. Ich habe gesagt, daft die Vernunft nicht aus sich selbst irgendeine Realität, ein wirkliches Sein, als Gegenstand fiir ihre Kenntnis entwickeln kann; sondern, dafi von anderer Seite das in Wirklichkeit Existierende gegeben haben mufi, das zum Gegenstand fiir ihre Tätigkeit gemacht werden « 161 soil. Der Zwang einen Gegenstand fiir das freie Handeln der wissenschaftlichen Vernunft zu finden, verleitete, nach Schlyter, die Rationalisten dazu, ständig die Grenzen zu iiberschreiten, die sie selbst fiir die philosophische Reflektion aufgestellt hatten, und dadurch den dogmatischen Irrtumzu begehen. Nur durch derartige Grenziiberschreitungen war es möglich, eine objektbestimmte wissenschaftliche Tätigkeit mit der Forderung der kantianischen Vernunft zur reinen apriori-Erkenntnis zu vereinen. Auf die unbearbeitete — wissenschaftlich unbestimmte — empirische Kenntnis der Vernunft, schlich sich folglich die vermeintlich reine wissenschaftliche Argumentation ein; die rationalistisch beeinfluBten Rechtswissenschaftler meinten, dal? der Grund fiir ihre Bearbeitung des Stoffes nur aus der einheitschaffenden Kraft der Vernunft bestand, ,,obgleich viel empirisches Wissen hierbei unbeachtet, und gleichsam durch eine AaO. S. 7: ,,Såsom förnuftet är en förmåga att formelt utveckla en kunskap, hvars materiela eller reela grundämne måste vara frän annat håll gifvet, men däremot inte lif, ingen realitet kan ur förnuftet själft utvecklas, emedan därutur ej kan hämtas hvad där icke finnes, så har filosofien, då hon likväl tilltrott sig att ur det rena förnuftet konstruera universum, och då hon härvid förfarit med sträng logisk konseqvens, måst röna sanningen af den satsen: ex nihilo nihil fit; ty då hon på abstraktionens stege nedstigit till kunskapskällans nedersta djup, så har hon där, efter hvad man kunnat förutsäga, såsom alla tings urväsen, fått i sina händer - det tomma intet; och den byggnad lilosoficn på denna grund uppföra, har ock blifvit därtill passande, ty en väfnad af tomma logiska formler har varit allt hvad som på denna väg kunnat åstadkommas. Jag har sagt att förnuftet ej kan ur sig själft utveckla någon realitet, något verkligt varande, såsomföremål för sin kunskap; utan det måste hafva från annat håll gifvet det i verkligheten exsisterande, somdet skall kunna göra till föremål för sin verksamhet", vgl. der Einflul? der kritischen Vernunft auf andere Disziplinen, wie z.B. Theologie und Naturwissenschaften.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=