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159 rechtswissenschaftliche und das rechtliche System, löste auch das Problemmit dem Verhalten der Theorie zur Praxis: „Zugleich ist diese Verkniipfung der Praxis mit einer lebendigen, sich stets fortbildenden Theorie das einzige Mittel, geistreiche Menschen fiir den Richterberuf wahrhaft zu gewinnen. aber ganz anders wird es seyn, wenn der eigene Beruf selbst durch seinen Zusammenhang mit dem Ganzen einen wissenschaftlichen Character annimmt, und selbst zu einemBildungsmittel wird. Ein solcher Zustand allein wird alle Forderungen befriedigen können: der Einzelne wird nicht als blofies Werkzeug dienen, sondern in freyem, wiirdigem Berufe leben, und die Rechtspflege wird wahre, kunstmäfiige Vollendung erhalten. Durch den oben offengelegten theoretischen Grund fiir die historische Rechtswissenschaft, wurde es fiir die Rechtswissenschaftler möglich, auf jeder Systemstufe zwischen den theoretischeren rechtswissenschaftlichen Ausfiihrungen bis Argumenten in der praktischen Anwendung, frei und selbständig zu „handeln“, gemäfi ihrer wissenschaftlichen Persönlichkeit. Die allgemeine erkenntnistheoretische Verbindung zwischen den allgemeinen Forderungen der Wissenschaft und den besonderen Objektbestimmungen umfafite auch die persönliche Eigenart des Subjektes - Nationalität, Generationszugehörigkeit, Persönlichkeit -, die in ihrer wissenschaftlichen Arbeit sowohl ihre subjektive als auch die objektive Eigenart des Dinges innerhalb der allgemeinen Einheit der Wissenschaftlichkeit ausdriickte. Durch die wissenschaftliche Bildung gait es deshalb, daE es bei jedem Studenten „eine selbständige Ansicht der Wissenschaft gebildet sein, so dafi er sich nachher frei darin bewegen kann“ Dies war der Sinn der freien Wissenschaft in einer Nufischale. Das einzige äuEere Mittel, durch das die ideelle Einheit der Wissenschaft zum Ausdruck kommt und das ihr erlaubt, in der Aufienwelt bildend zu wirken, war die Tätigkeit der Universität. Die Aufgabe der Universität war nämlich, wissenschaftliche Bildung zu geben und dadurch jedem Studenten eine selbständige wissenschaftliche Ansicht zu vermitteln. In Ubereinstimmung mit diesem ihrem Zweck wiirde die Universität damit auch den notwendigen wissenschaftlichen Standard der rechtswissenschaftlichen Bildung garantieren: « 122 Der Unterschied zwischen einer rechtswissenschaftlich gegriindeten Rechtssprechung und ad hoc-Entscheidung geht aus folgendemZitat aus VomBern/, S. 54, hervor: „Dieeigentliche Tendenz des bestehenden Gesetzes selbst also geht auch jetzt noch darauf, dafi die einzelnen Rechtsfälle als solche vollstandig aufgezahlt und einzeln entschieden werden“ - dies machte die Methode aus, die von partikularrechtlichen Quellen geholt ist, und die scharf mit der auf der Tradition der römischen Rechtswissenschaft gegriindeten Rechtssprechung kontrastierte, in der „der Jurist durch den lebendigen Besitz des Rechtssystems in den Stand gesetzt wird, fiir jeden gegebenen Fall das Recht zu finden. Dazu fiihrt die scharfe, individuelle Anschauung der einzelnen Rechtsverhältnisse, so wie die sichere Kenntnifi der leitenden Grundsätze, ihres Zusammenhangs und ihrer Unterordnung, und wo wir bey ihnen Rechtsfalle in der bedingtesten Anwendung finden, dienen sie doch stets als verkörperter Ausdruck jenes allgemeinen". ’’’ AaO. S. 79. Siehe insbes. Schroder,]., aaO. S. 165 f. Jitristische Methodenlehre, S. 69 f.

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