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153 Basis wie dem römischen Recht'°^ oder dem Code civil, nicht gelöst werden konnte. Das Problem der fehlenden Wissenschaftlichkeit der Rechtswissenschaft konnte auch nicht seine Lösung in demunwissenschaftlichen Grund finden, der das Kodifikationsbestreben repräsentierte. Eine spezialwissenschaftliche und national bestimmte Systematik machte statt dessen den einzigen Grund aus, der die Freiheit der deutschen Rechtswissenschaft von Anomalien garantierte, und damit gelang es, der rechtswissenschaftlichen Tätigkeit die innere Einheitlichkeit und das beständige, organische Vorwärtsschreiten innerhalb des rechtswissenschaftlichen Gebietes, das gefordert wurde, zu geben. Ein kontinuierliches Fortschreiten den sicheren Weg der Wissenschaft entlang setzte folglich eine besondere wissenschaftliche Form fiir die möderne deutsche Rechtswissenschaft voraus. Und diese hatte auf ihre Weise als Voraussetzung einen wissenstheoretischen Standpunkt, in dem das Individuelle — die Persönlichkeit — eine zentrale Position einnahm: „Die Gesetze einer absolut-wisscnschaftlichen Bearbeitung miissen jeder [einzelwissenschaftlichen] Methode zum Grunde liegen. Daher werden wir auch mit dieser absoluten Methode den Anfang machen.“ Die Hervorhebung der verschiedenen individuellen Eigenarten der Wissenschaft innerhalh der wissenschaftlichen Einheit, machte ein spezieller Verbaltenstyp zwischen den objektbestimmten Wissenschaften notwendig. Durch das Einnehmen der Position „imGeist des Ganzen“ —die demnur postulierten Ausgangspunkt der Wissenschaft an sich entspricht —, vermochte die Vernunft den Stoff von äufieren und fremden Zwecken zu reinigen und dadurch eine innere Sacheinheit, das Besondere, aufzudecken. Auf dieser Basis, das zeigte sich, ruht der wissenschaftliche Charakter der Spezialwissenschaften; sie sind allerdings Ausdruck fiir das Ganze, Mittel fiir die allgemeine Ausdruckskraft der Wissenschaft, haben aber gleichzeitig auch eine selbständige Bestimmung und Abgrenzung. Dies setzt eine organische Struktur im grofien Wissenschaftssystem voraus, die in scharfem Kontrast zum kantianischen Relationsmodell im Wissen steht. Das wissenschaftliche System war ja, nach Kant, eine Struktur, „worin alles Organ ist“. In dem organischen Systemmodell machte die allgemeine Bestimmung der Wissenschaft, deren Begriff, den höchsten einheitschaffenden Organismus aus. Dieser bestand also notwendigerweise aus der grundlegenden Einheit zwischen den philosophischen und historischen Wissensarten. Im Verhältnis zur allgemeinen Aufgabe der Wissenschaft, der Philosophie, driickte die spezialwissenschaftliche Tätigkeit diese Einheit in objektivhistorischer Vielfalt aus. Auf ihrem speziellen und in höherem Grade historisch-stofflich geprägten Systemniveau bilden die spezialwissenschaftlichen Disziplinen auf ihre Weise Organismen. Dieses niedrige Systemelement schafft Savigny, aaO. S. 82: „wir werden nicht bios eine schwache Nachahmung Römischer Bildung, sondern eine ganz eigene und neue Bildung haben". juristischc Methodenlebre, S. 12. Vgl. Riickert, aaO. S. 337. 109

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