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152 Vernunft möglich geworden, Kenntnis vominneren Grund des Objekts zu erlangen. Diese Sachbestimmung vomrechtlichen Charakter machte die fiihrenden Grundsätze aus, die Savigny als Ausgangspunkt fiir die rechtswissenschaftliche Konstruktion des Stoffes ansah. Ausgehend von der notwendigerweise angenommenen Einheit der Wissenschaft, mufite die Vernunft in der Lage sein, den Stoff organisch zu systematisieren, umdadurch Einblick in den inneren objektiven Zusammenhang der juristischen Begriffe und Sätze zu erhaltend°^ Die Technik der historischen Methode — „Verbindung und Trennung“- brachte eine Struktur hervor, das rechtswissenschaftliche System, deren Grenzen in Zeit und Raumdas Gebiet abtrennte, in demnur die rechtswissenschaftlichen Forderungen als giiltig angesehen werden konnten. Zwecke als gerade diese mufiten aus diesem Gebiet getilgt werden, denn sie sind entweder tot — d.h. sie gehören nur zur blofien Historie und sind damit ohne Relevanz fur die Gegenwart — oder sie machten die Ausdriicke fur fremde Interessen aus. Durch die rechtswissenschaftliche Systematisierung des Stoffes wurde also eine Grenze gezogen, teils gegeniiber anderen objektbestimmten Strukturen, teils gegeniiber dem Gebiet unwissenschaftlicher Argumentation. In der Bestimmung vom„Begriff der Jurisprudenz“, oder mit anderen Worten, des Charakters der Rechtswissenschaft, ist es möglich, die Entwicklung der Rechtswissenschaft als die Geschichte umden kontinuierlichen Kampf der rechtswissenschaftlichen Vernunft anzusehen, um damit ein freies wissenschaftliches Handeln zu erreichen. Die rechtswissenschaftliche Vernunft hatte versucht, eine erkenntnistheorethische Position herzustellen, die es zuliefi, dafi sie ,,ungehindert durch fremde Gewalten sich in ihrer Eigenart und Gesetzmäfiigkeit ausgeben und leistungsfähig erweisen können“ (Ritschl). Die rechtswissenschaftliche Bearbeitung mu£te, nach Savignys Auffassung, „nach den Gesetzen der Natur“ geschehen, und damit eine organisch unabgebrochene Entwicklung gegen alle grölseren Ubereinstimmungen mit ihrem eigenen Ideal hervorbnngen. Von diesem Standpunkt aus ist es offenbar, dafi das Problem der wissenschaftlichen Vernunft, ein iiberwältigendes historisches Erbe an Wissensstoff zu beherrschen, ausgehend von einer fremden matenellen 108 Alle anderen 107 Wom Beruf, S. 13 f.; ,,In ledern Dreyeck nämlich giebt es gewisse Bestimmungen, aus deren Verbindung zugleich alle iibrige mit Nothwendigkeit folgen; durcli diese ... ist das Dreveck gegeben. Auf ähnliche Weise hat jedcr Theil unsres Rechts solche Stiicke, wodurch die iibrigen gegeben sind: wir können sie die leitenden Grundsätze nennen. Diese heraus zu fiihlen und von ihnen ausgehend den innern Zusammenhang und die Art der Verwandtschaft aller juristischen Begriffe und Sätze zu erkennen, gehört eben zu den schwersten Aufgaben unsrer Wissenschaft, ja es ist eigentlich dasjenige, was unsrer Arbeit den wissenschaftlichen Character giebt“. Vgl. Schelling, aaO. S. 282: ,,Dieser innere Organismus des Urwissens und der Philosophie ist es nun auch, welcher in dem äufieren Ganzen der Wissenschaften sich ausdriicken und durch Trcnnung und Verbindung derselbe zu einem Körper construiren mu(s“ (meine Hervorhebung), vgl. König, R., Vom Wesen der deutschen Universitdt, S. 135. 108

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