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143 tischen Stoffes zu schaffen, geht deutlich aus demWortsinn der oben zitierten Passagen hervor. Wenn es die Aufgabe der Philosophie ware, fiber die allgemeinen Kriterien der Wissenschaft zu berichten, so ware es nicht möglich, sie gleichzeitig als ein von den iibrigen Wissenschaften abgrenzbare Fachwissenschaft aufzufassen — dies war doch genau das, worin die kopernikanische Wene in der Philosophie resultierte. Damit beraubte man die Jurisprudenz um jede Möglichkeit wissenschaftliche Form zu erreichen. Savignys Kritik an der, wie man sagen könnte, philosophischen Einseitigkeit der Philosophen, erhielt folglich ihren Ausdruck in den durchgehend herabsetzenden Urteilen, welche er fiber das Naturrecht und die naturrechtliche Bearbeitung des Rechts fällte, und es waren vor allem kantianische Juristen, die die Zielscheiben ffir diese Kritik ausmachten. Ein wahrer wissenschaftlicher Ståndpunkt muB natfirlich auch gemäfi Savignys Meinung von grundlegendem philosophischen Charakter sein. Aber gleichzeitig wie das philosophische Studium diese erkenntnistheoretische Forderung erffillt, mufi sie auch in der Lage sein, den besonderen Ausdruck mit einem selbständigen ontologischen Grund zu versehen. Der Philosophie mufi es gelingen, sich in der Ganzheit der objektgeprägten Wissenschaften zu realisieren und damit diese mit der wissenschaftlichen Einheit durchdringen — und ,,freilich nicht zu Ehren der Metaphysik“. Auch nicht Fichtes Ansatz zu einem objektiveren Idealismus war aber in dieser Hinsicht hinreichend radikal. Auch Fichtes wissenschaftstheoretischer Ståndpunkt resultierte in einer Vernunftstätigkeit mit allzu begrenzter Tragweite. Diese Begrenzung der Vernunftskräfte bedeutete, dafi auch Fichte, um das vermeintliche Vermögen der Vernunft, den materiellen Stoff, zu systematisieren, zu retten, gezwungen war, den dogmatischen Irrtum zu begehen und damit die eigenen Grenzen der spezialwissenschaftlichen Bearbeitung fibertrat: „indem er zwar die äufiere Gestalt rein enthält, aber im innern des Systems selbst ihmvieles beymischt, das nicht zu ihm, wohl aber zur Wahrheit gehört. Die erkenntnistheoretische Vernunftseinseitigkeit hatte bis dahin beinhaltet, nur das Wahre, das philosophisch Bestimmte und Allgemeine die Bearbeitung des Stoffes leiten wfirden. Die vomBesonderen aus einschränkenden und materiell schöpferischen Bestimmungen - das heifit, die Bestimmungen, die in der Natur der Sache gegrfindet sind - waren deshalb aus den Domänen wissenschaftlicher Argumentation ausgeschlossen und durch die formellen Bestimmungen des Wissens selbst ersetzt. Eine lebendige Wissenschaftlichkeit setzte jedoch die Vereinigung des objektiv Gegebenen und philosophisch Wahren voraus, umdas wahrhaft Wissenschaftliche, „das allein [das] wahre und natfirliche ist“,^^ zu erzeugen. Zit. nach Riickert, aaO. S. 248 (urspriinglich nach Kantorowicz, H., Savignybrieje (Briefe F. C. von Savignys an F. H. Chr. Schwarz), in: Neues Archiv fiir die Geschichte der Stadt Fleidelberg und der Kurpfalz, Bd. 13, S. 57-114). Savigny, aaO. S. 29. «85 daft

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