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23 kommen.^^ Er wurde später umgeformt und weiterentwickelt. Iniiozenz III. fiihrte ihn in das kanonische Recht ein. ImGegensatz zum akkusatorischen ProzeB sollte er nicht in erster Linie vindikatorisch sein, sondern den Täter bessern und Schadenswirkungen einer Straftat beseitigen. In gewisser Hinsicht glich er dem ZivilprozeB.^® Inhaltlich bedeutete der inquisitorische ProzeB, daB der Richter von Amts wegen auf grund einer öffentlichen oder privaten Anzeige gegen die Straftat einschritt und zur Ermittlung der Wahrheit die gesetzlich zugelassenen Wege beschritt, die er fiir geeignet hielt. Der Richter leitete die Untersuchung und das Verfahren vomAnfang bis zum Ende. Im Rahmen des Inquisitionsverfahrens hatte er als erste MaBnahme durch Vernehmung von Personen, die von der Sache Kenntnis haben konnten, zu untersuchen, ob das bekannt gewordene Geriicht wahr war, d. h. die inquisitio generalis oder famae vorzunehmen.^® Wurde das Geriicht bestätigt, konnte die Spezialuntersuchung, die inquisitio specialis, beginnen, bei der der Verdächtige und Angeklagte vor das Gericht geladen wurde, Beweis erhoben und dem Angeklagten Gelegenheit gegeben wurde, sich zu verteidigen.“^ Bei nicht hinreichendem Beweis konnte dem Angeklagten gestattet werden, sich durch Reinigungseid, die purgatio canonica, freizuschwören.^^* Der klassische römische ZivilprozeB war —wie auch der StrafprozeB — zweigeteilt, der erste Teil, in inre, fand vor dem Prätor, der zweite, in iudicio, vor dem Richter statt. Eine entsprechende Aufteilung des Verfahrens war dem mittelalterlichen kanonischen Recht weder in Strafsachen noch in Zivilsachen bekannt. Zivilprozesse begannen und endeten vor dem iudex. Sie wurden durch die Einreichung einer Klageschrift bei Gericht eingeleitet, die den Klaggrund {fundamentum, demonstratio) und das Begehren {petitum, intentio) bezeichnen muBte. Wurde die Klage angenommen, wurde dem Beklagten die Beantwortung der Klage innerhalb einer bestimmten Frist abverlangt. Bestritt er, ergab sich daraus der Ausgangspunkt fiir den Streit, die litis contestatio. Sie hinderte zudem zukiinftige Änderungen der Klage. Im Zusammenhang mit der Festlegung des Streitgegenstandes muBten die Parteien weiter den Kalumnieneid, das iuramenE. Schmidt, InquisitionsprozeB und Rezeption, 1941, S. 9 ff. F. A. Biener, Beiträge zu der Geschichte des Inquisitions-Processes und der Geschwornen-Gerichte, 1827, S. 120 ff. -® X 5, 3, 31 (Innoc. III) und gloss, ord. ad X 5, 3, 31 s. v. forma „Et ita iudex semper secundum jinem ad quern quis agit, formabit sententiam, hoc est, depositionis in aceusatione, remotionis ab administratione in inquisitione: . . X 5, 1, cc 19, 21, 24 (Innoc. III). Auch farna publica konnte fiir eln Eingreifen seitens des Richters hinreichen. X 5, 3, 31 (Innoc. III). -8 X 5, 1, cc 19, 21, 24. 29 X 5, 1, 24. 9" X 5, 1, 19; X 5, 34, cc 10, 12. Siehe auch C 2, q 5, cc 5—9, 12, 16.

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