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181 2. Confessio iudicialis et confessio extraiudicialis Im 16. Jahrhundert gait fiir Strafprozesse und auch fiir Zivilprozesse die Forderung, daB Geständnisse vor Gerichten abgelegt werden muBten. Gerichtsprotokolle des 16. Jahrhunderts unterstreichen immer wieder, daB ein Geständnis vor Gericht abgelegt worden sei und dies mit so lauter Stimme geschehen sei, daB alle Anwesenden es gehört hätten, d. h. es fiir alle offenkundig geworden sei.^ Der Sinn von Bemerkungen, ein Geständnis sei so abgelegt worden, daB es von alien gehört werden konnte, ist schon oben in Kapitel 2 behandelt worden. Diese Klauseln erhalten jedoch zusätzliches Gewicht vor dem Hintergrund einer Vorschrift des sogenannten Rosengrenschen Gesetzentwurfes vom Anfang des 17. Jahrhunderts. In Kapitel 29 des Teils iiber den vorsätzlichen Totschlag heiBt es nämlich: Nh kommer någor till tingz och bekänner sielff sin saak, som å hans lijjf går, och will sedhan ther till neeka, tå skole Häradznämpd wetta hwad heller han bekände sådana gerning eller eij, för än domen öffwer honom gick; tå holles ther medh som Lag säger, thet wari hwariahanda saak thet hälst wara kan.^ Der Verfasser dieses Entwurfs hat nicht in erster Linie daran gedacht, daB das Gericht Klagen seitens eines unschuldig Verurteilten ausgesetzt werden könnte, sondern daran, daB der Angeklagte selbst ein friiher abgelegtes Geständnis leugnen könnte. Sollte sich so etwas ereignen, sei auBerordentlich wichtig, daB alle Mitglieder des Gerichts deutlich gehört hatten, ob der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat wirklich gestanden hatte oder nicht. Nach den Gerichtsprotokollen muBte ein auBergerichtliches Geständnis vor Gericht wiederholt werden, um bindend zu werden.® Ein auBergerichtliches Geständnis stellte aber unter alien Umständen ein starkes Indiz dar, das —wie wir schon in der deutsch-römischen Literatur festgestellt hatten —sogar Grundlage einer Folterung abgeben konnte.® Wichtig ist, daB man 3 Z. B. STB, IV, S. 321 (20. Juli 1513, Zivilsache); STB, NF 1, S. 72 f. (30. März 1545, Strafsache), S. 172 (29. März 1546, Strafsache); R. Hausen, Bidrag till Finlands historia, II, 1894—98, S. 15 (22. Februar 1538); Jönköping TB, 1513, S. 94. —Carlquist, Studier, S. 193. ^ Lagförslag i Carl IX:s tid, S. 505. 5 STB 1524—29, S. 209 ff. (1528). ® STB, NF 4, S. 63 (7. und 10. April 1570). Unzucht. Ein Mann, der nicht voll zurechnungsfähig war und auBerhalb des Gerichts behauptet hatte, mit einer Frau geschlechtlich verkehrt zu haben, wird vernommen, leugnet die Tat vor Gericht, wird dann aber wegen Meineides und Verleumdung der Frau verurteilt. STB, NF 7, S. 167 f., 189 (8. Januar und 12. Februar 1586). Diebstahl. Eine Magd soil auBerhalb des Gerichts zweimal ihrem Hausherrn — das zweite Mal in Gegenwart von zwei Zeugen — einen Diebstahl gestanden haben. Vor Gericht bestreitet sie den Diebstahl, gibt aber zu, daB sie die Tat auf sich genommen habe und nennt als Ursache Furcht vor dem Hausherrn, der sie nach ihrer Darstellung gebunden und geschlagen und

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