RB 26

142 spätmittelalterlichen Kanonisten und Legisten sowie in der Wormser Reformation aufgezählt gefunden haben.^® Zur Frage der Zulässigkeit der Wiederholung der Folter bei Leugnen des Verdächtigen vertreten die deutschen Rechtsgelehrten in der Regel die Ansicht, die wir schon bei den spätmittelalterlichen Juristen gefunden hatten und die auf eine bedenkliche Einschränkung jener Forderung hinauslief, nach der das Geständnis spontan abgelegt sein sollte.®^ Allerdings darf die Folter nicht wiederholt werden, solange keine neuen Indizien vorliegen.®® Chilian König warnt auch den Richter, die Folter ohne ausreichenden Grund anzuwenden oder sie zu wiederholen, ohne daB sich neue Indizien ergeben hatten.®® Ein Richter, der sich ein solches Verhalten zu schulden kommen lasse, sei ebenso wie jener zu bestrafen, der bei notorischen Verbrechen foltern lasse. Im Zusammenhang damit macht Chilian König im iibrigen eine Bemerkung, die im Hinblick auf die spätere schwedische Praxis bemerkenswert ist. Er sagt, falls ein Richter einen Verdächtigen nach vergeblicher Folter gefangen lasse, sich neue Indizien aber nicht ergeben, und dem Gefangenen Essen und Trinken verweigere oder ihm gesalzenes Essen ohne Wasser gebe, sei das eventuelle Geständnis dieses Gefangenen wertlos; denn dieser Gefängnisaufenthalt sei nichts anderes als eine Fortsetzung der Folter ohne Vorliegen neuer Indizien. Der Richter, der so handele, solle bestraft werden.^® Dagegen ist nach Damhouder die Riickfiihrung des Gefangenen in das Gefängnis nach vergeblicher Folter zulässig. Dort konnte er zehn, zwanzig oder dreiBig Tage oder auch mehr Ausgenommen sind Doktoren, Ritter, Ratsherren der Städte, Offiziere, Minderjährige unter 14 Jahren (an denen jedoch die Rutenstrafe vollzogen werden konnte), Greise und Greisinnen iiber 70 Jahren und schwangere Frauen. Diese Ausnahmen gelten jedoch nicht, wenn es um Majestätsverbrechen, crimina laesae maiestatis, gegen Papst oder Kaiser, um Landesverrat, Simonie, Zauberei und Betrug ging. Ebenfalls vor Folter in privaten Gefängnissen wird kein Schutz gewährt. — König, Practica, cap. II, 26—27; Damhouder, Praxis rerum criminalium, cap. 41. — Hierzu sei erwähnt, daB König die folgenden Personengruppen als von der Folter ausgenommen aufzählt: Doktoren, Ratsherren der Städte, Ritter, die ihre Ritterschaft ausiiben (aber nicht Ritter, die biirgerlichen Tätigkeiten nachgehen), Minderjährige, Greise und Greisinnen iiber 70 Jahren und schwangere Frauen. Als Verbrechen, die keine Ausnahme zulassen, nennt König nur Majstätsverbrechen. Damhouder fiihrt alle Personengruppen an und nennt das Alter fiir Minderjährige, nicht aber fiir Greise und Greisinnen. Weiter zählt er alle die erwähnten Verbrechen auf, bei denen keine Ausnahmen von der Folter gemacht werden. Ausfiihrliche Bestimmungen findet man auch bei Carpzov, Practicae novae imperialis Saxonicae rerum criminalium, III, q 118. Siehe oben Kapitel 1, S. 36 ff. Z. B. König, Practica, cap. II, 20—21; Damhouder, Praxis rerum criminalium, cap. 38; Carpzov, Practica nova, III, q 125, 31, 39—41. *® König, Practica, cap. II, 20, 36—39. König, Practica, cap. II, 22. 38

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