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107 die herrschenden Umstände bedingte organisatorische Abwicklung von Gerichtsverfahren durfte das Modell fiir einen von Assistenzrat Johan Nicodemi Lillieström ausgehenden Vorschlag abgegeben haben, entstehende Rechtsstreitigkeiten bis auf weiteres von einem Kommissorialgericht entscheiden zu lassen, der im Juni 1639 von der Vormundschaftsregierung in Stockholmangenommen wurde.^® Die Anarchiesituation nach dem Abtreten der pommerschen Interimsregierung und der brandenburgisch-kaiserlichen Intervention entwickelte sich leztlich zum Vorteil der schwedischen Seite. Brandenburg war Pommern gegeniiber feindlich aufgetreten. Schweden hatte nach der Stettiner Allianz und dem Defensionsvertrag dem pommerschen Herzog gegeniiber Verpflichtungen. Insoweit erschien der schwedischen Regierung nicht nur militärische, sondern auch andere Hilfeleistungen fiir natiirlich und geboten.®^ Die Schweden hatten bisher nach auBen keinen direkten Versuch einer Ubernahme der Verwaltung in Pommern unternommen.^“ Die Verhältnisse im Lande hatten sich jedoch erheblich verschlechtert. Im September 1639 kehrte der schwedische Geheime Rat Philipp von Horn^^ mit dem Auftrag nach Pommern zuriick, die pommerschen Stände fiir die schwedische Sache zu gewinnen zu versuchen. Er berief die Landräte nach Greifswald ein und stellte unter anderem die Wiederrichtung des Justizwesens in Aussicht, falls die Stände die Bestimmungen der Stettiner Allianz bestätigen wiirden. Sein selbständiges Handeln fiihrte aber zu Konflikten mit dem Generalgouverneur Johan Baner, und Horns Bemiihungen blieben ergebnislos. Statt dessen erhielt Alexander Erskein Gelegenheit zu Verhandlungen mit den Ständen. Erskein hatte in einem Schreiben an Axel Oxenstierna vom Februar 1640 die Erforderlichkeit von MaBnahmen auf dem Gebiete des Justiz- und Konsistorialwesens unterstrichen, weil „in hiesigen KMt an Lillieström vom 19. Juni 1639; RA; RR. Malmström: Bidrag 1630—1653 S. 55. — Zur Anarchiesituation vgl. auch Vorschlag der schwedischen Reichsregierung an die pommersche Regierung vom 14. November 1640; Bär: Politik Pommerns S. 379. Völkerrechtlich wurden die schwedischen MaBnahmen durch Hugo Grotius’ De iure belli ac pacts untermauert. Einen zentralen Platz nahm dieses Werk in der schwedischen Argumentation aber nicht ein. Vgl. Backhaus: Reichsterritorium S. 38 FuBn. 27. Die Vormundschaftsregierung erörterte die Lage in Pommern am 3. April 1638. Der Reichskanzler schlug vor, „man skulle sondera contenancen aff sakerne i Pommern, tala medh Ständerne, remonstrerandes sädan huru nödigt dett voro, att justitien, politien och landzräntorne icke må ligga nidre“; SRP 1638 S. 178 f. — Am 29. November 1638 beschloB die Regierung, im kommenden Friihjahr zwei Kommissare nach Pommern zu entsenden „att fatta staten der in loco“; SRP 1638 S. 362. Schwedischer Hofrat 1630, fiirstl. wolgastlicher Kanzler, 1641 zum Oberkommandaten und Präsidenten zu Stralsund ernannt; Gesterding: Genealogien I S. 102.

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