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85 Prozesses wurde ständig erörtert,^*® und in wichtigen Sachen wurde während der letzten Jahre des 16. Jahrhunderts Schriftform iiblich.®^^ Am 9. Dezember 1562 beschloB der Rat in einem Bescheid, daB in Streitsachen unter 20 Bremer Mark nicht schriftlich verfahren werden diirfe.®^® Aus diesem Bescheid ergibt sich im UmkehrschluB, daB Schriftlichkeit in anderen Sachen zulässig war. Auch in der Gerichtsprokuratorenordnung von 1596 gait als grundlegendes Prinzip, daB Miindlichkeit auch weiterhin gelten sollte, „wenn nicht eine Spezialvergiinstigung fur Schriftlichkeit gewährt ist“.®^® Advokaten und Prokuratoren bedienten sich der Schriftlichkeit auf eine Weise, die der Rat als MiBbrauch ansah. In einem Publikatum vom 12. Mai 1608 wurden deshalb bei „Strafe und Verwerfung ordnungswidriger Schriften“ Begrenzungen des schriftlichen Prozesses vorgeschrieben. 1630 wurde die Prokuratorsordnung von 1596 neu gedruckt (diesmal auf hochdeutsch) und die Vorschriften iiber Schranken der Schriftlichkeit wiederholt.®^® Zusammenfassend kann man sagen, daB das Schriftlichkeitsprinzip in den Untergerichten und in den Bremer Stadtgerichten nur mit Schwierigkeiten endgiiltig akzeptiert wurde. Diese Elemente des Kameralprozesses beeinfluBten den Bremer ProzeB allerdings direkt. Ein anderes typisches Element des Kameralprozesses war der Artikelprozefi, der dem schriftlichen Verfahren die eigentliche Formgab. In Pommern war der ArtikelprozeB durch die PHOvon 1566/69 sanktioniert worden.®-^ In der Stadt Bremen finden wir ihn schon 1540.®-- Verwendet wurde er in weitläufigen Sachen und in Verfahren, von denen man annahm, daB sie zum RKG gehen wurden.®"® Schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatte der gerichtliche Schriftwechsel in der Stadt Bremen deshalb ein erhebliches Volumen erreicht.®®^ In diesem Zusammenhang ist interessant, daB die Eventualmaxime in gewissem Umfang durch einen Bescheid des Kaiserlichen Niedergerichts vom 25. September 1604 eingefiihrt wurde. In diesem Bescheid entschied sich das Gericht fiir die Regeln in Teil 3, Titel 24 und 27 der RKGO von 1555.®2® Achelis: Entwicklung S. 204. Achelis: Entwicklung S. 215. Achelis: Entwicklung S. 187. Achelis: Entwicklung S. 222. —Eine entsprechende Regel gait fiir die Stadt Stade; Jobelmann-Wittpenning: Versuch einer Geschichte H. 2 S. 65. *** Achelis: Entwicklung S. 225. Oben Kap. 3.1.2.1. S. 51 f. Kuhtmann: Romanisierung S. 63 f. Kuhtmann: Romanisierung S. 63. Ein Klaglibell in Artikeln ist von 1557 belegt. — Achelis: Entwicklung S. 189 f. Im Bescheid wurde gesagt, daB alle vor dem Gericht auftretenden Prokuratoren verpflichtet seien, „so ofte si ante litis contestationem exceptiones dilatorias vor316 318 321 323 324 325

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