Vor genau hundert Jahren fand anläßlich der Pariser Weltausstellung der erste internationale Kongreß für vergleichendes Recht (Congrès international de droit comparé) statt.14 Es ging damals eigentlich um einen Schulstreit zwischen zwei französischen Rechtswissenschaftlern, Raymond Saleilles und dessen Schüler Edouard Lambert. Saleilles fühlte sich einer älteren Wissenschaftstradition verbunden. In seinem Konzept führte eine kontinuerliche Linie einerseits zurück zu Montesquieu und “De l'Esprit des Lois”, andererseits zurück zu Naturrechtselementen in einer “droit commun de l’humanité”. Für Saleilles war vergleichendes Recht “un droit idéal relatif ”, für Lambert jedoch eine mehr pragmatische Disziplin. Lambert widersetzte sich jeglicher Naturrechtstendenz und meinte, komparative Rechtsforschung sei positives Recht - “un droit commun legislatif ”. Diesen Schulstreit gewann Lambert, und die Entwicklung des Faches wurde über Generationen hinweg von einem positivistischen und normorientierten Programm dominiert, in dem sich die nachstehenden Argumente verfolgen lassen: (1) Der Zweck des vergleichenden Rechts besteht in erster Linie darin, die Bedürfnisse der praktischen Juristen wahrzunehmen. (2) Die Praktiker und ihre Klienten sind vor allem an Informationen über positivrechtliche Regeln interessiert. Geschichte und Philosophie - die Fundamente der Theoriebildung der modernen Rechtswissenschaft des . Jhs. - könne man ruhig den Akademikern überlassen. (3) Die Normen, die praktizierende Juristen für diesen Zweck benötigten, waren im wesentlichen auf das Privatrecht beschränkt 98 Der neue Schulstreit um 14 Léontin-Jean Constantinesco, Rechtsvergleichung, Band I: Einführung in die Rechtsvergleichung, 1971, 161 f.
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