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law, Juristenzeitung  S.-) publiziert. Es handelt sich um den Versuch, die zwei Begriffe - den kontinentaleuropäischen Rechtsstaat und die britisch-amerikanische rule of law - durch einen zu ersetzen oder wenigstens die Notwendigkeit für zwei Begriffe in Frage zu stellen. Seine These ging dahin, dass zwischen Rechtsstaat und der rule of law kein wesentlicher Unterschied bestehe. Der begriffliche Unterschied erklärt sich aus der unterschiedlichen verfassungsgeschichtlichen Entwicklung. Die britische Verfassung hat ja nie den Begriff des Staates als einen juristischen Begriff verstanden, und im U.S.-amerikanischen Verfassungsrecht versteht man unter Staat nur die Bundesländer. Die Erklärung dazu sieht folgendermaßen aus: In Großbritannien hatte sich nie die Alleinherrschaft eines Individuums als Souverän und daher nie eine absolutistische Staatsmacht entwickelt, die sich über ihre eigenen Gesetze gestellt hätte. Die Entwicklung der Verfassung Großbritanniens ist dagegen durch eine Reihe von Kämpfen um die Herrschaft und Zusammensetzung der verschiedenen Organe der staatlichen Gewalt gekennzeichnet. Nach britischem Rechtsverständnis stellt sich das Problem nicht, den Staat als eine von der Regierung abgehobene Institution dem Gesetz zu unterwerfen. Demnach haben die beiden Begriffe Rechtsstaat und rule of law je eine eigene Geschichte, die jeweils unterschiedlich verlaufen ist. Dagegen stehen die beiden Begriffe als Familiennamen für eine Gruppe ähnlicher Konzeptionen - Konzeptionen, die das Bemühen um das Ideal der Rechtmäßigkeit im modernen Staat ausdrücken. Trotzdem wird ständig die Unbestimmtheit der beiden Ausdrücke und ihre unterschiedlichen Erklärungsmöglichkeiten bedauert. Das Problem ist aber oft dasselbe. Der Streit um Begriffe impliziert gleichzeitig eine Auseinandersetzung über politische Ideale. Der Rechtsstaat/die rule of law wird immer als eine politische und soziale 86

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