Das, was diese Staaten nach Rechenbergs Auffassung von als einheitliches europäisches Band miteinander vereint, ist die Zugehörigkeit zur “cultissima pars” des ganzen Erdkreises. Das Kriterium kultureller und kulturgeschichtlicher Einheit wurde deutlich von dem der staatsrechtlichen Autonomie der einzelnen Länder unterschieden. Johann Jacob Moser bestritt einerseits, daß “die Europäischen souveraine Staaten eine Art eines Systematis oder Corporis foederatorum Rerumpublicarum wären; ... sie stehen ... ausser aller Verbindung gegen einander.”92 Anderseits sah Moser jedoch auch gemeinsame, die Staaten verbindende Elemente in der “gemeinschaftlichen christlichen Religion” und in der “Sorge” vor Eroberungen und für die eigene Sicherheit. Diese Kräfte hätten “die meiste(n) Europäische(n) Staaten in eine gewisse Art der Verbindung gesetzt, auch dadurch eben ein eignes Europäisches Völkerrecht herfürgebracht, daß man also Europam in so ferne wohl, und mit ungleich grösserem Recht, als alle übrige Welt-Theile, als einen einigen grossen Staats-Cörper betrachten kann.”93 Damit hatte Moser seiner Zeit weit vorausgegriffen, jedoch tragfähige, dem “ius publicum” zugehörige Elemente benannt, die Einheit unter der Vielzahl der europäischen Staaten zu konstituieren vermögen. Staatliches Sicherheitsdenken war ein beherrschendes Motiv für Friedensprojekte, die von Europa als einer Einheit ausgingen. Leibniz erklärte : “Es ist wohl hohe Zeit, daß gantz Europa, oder wenigstens was darinnen wohl gesinnet, umb dieser Sach willen, daran die allgemeine wolfahrt und freyheit henget, zusammen trete, ehe der fall und knall geschicht, alda es dann zuspäth 41 92 So Johann Jacob Moser, Grundsätze des jetzt-üblichen Europäischen Völcker-Rechts in FridensZeiten..., Hanau 1750, S. 15. 93 Moser, Grundsätze (Anm. 92), S. 15 f.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=