RSK 4

der Geschichte vermögen jedoch Erkenntnishilfen dafür zu bieten, warum sich partikulare und singulare Rechte sowie darauf gründendes Regionalbewußtsein - auch kulturpsychologisch bedingt - gegen eine Vereinheitlichung bisher gesperrt haben und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Rechtsvielfalt für eine - auch unterschiedlich gestufte - Rechtseinheit fähig zu machen. Diese Problematik bildet ein Kontinuum europäischer Rechtsgeschichte und wurde bereits im. und. Jahrhundert durch die Gattung der Differentienliteratur in Europa behandelt.78 Diese untersuchte mit Vorrang die “differentiae” zwischen dem römischen “ius commune” und dem heimischen “ius patriae”, wobei im Zeitalter des Usus modernus sogar die Theorie vertreten wurde, daß in Deutschland zwei gemeine Rechte bestünden, nämlich die Ebene des fremden römischen Rechts und die des heimischen deutschen Rechts.79 Im Vergleich zwischen ius commune und heimischem ius particulare bildete in der Regel immer das römische Recht den Maßstab, an dem und mit dem andere partikulare Rechte gemessen wurden. Die Differenzen zwischen den beiden Rechtsquellenbereichen wurden genau aufgelistet, weil das Verhältnis zwischen gemeinem sowie territorialem und lokalem Recht wegen der vielfachen Überschneidungen und Widersprüche neu geordnet werden mußte. Das war auch deshalb notwendig, weil römisches Recht trotz des Fehlens einheimischen partikularen Rechts dann nicht angewendet werden durfte, wenn es im Einzelfall der Vernunft und Billigkeit widersprach.80 Diese komplexe 37 78 Heinz Mohnhaupt, Die Differentienliteratur als Ausdruck eines methodischen Prinzips früher Rechtsvergleichung, in: Excerptiones iuris: Studies in Honor of André Gouron. Edited by Bernard Durand and Laurent Mayali (Studies in comparative legal history), Berkeley /Califor-nia 2000, S. 439-458. 79 Vgl. Stinzing/Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft, 3. Abt., 1. Halbband, München und Leipzig 1898, S. 58; Klaus Luig, Institutionenlehrbücher des nationalen Rechts im 17. und 18. Jahrhundert, in: Ius Commune3 (1970), S. 71, 79. 80 Vgl. Heinrich Ernst Kestner (Praeses), Problema extemporaneum, ostendens, jus Romanum, deficiente jure statutario aut provinciali, non esse attentendum in casibus, ubi aut rationi aut aequitati repugnat, respondens Justus Wilhelm Pastoir, Rintelii 1705.

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