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hat ein besonderes Recht, und jedes Recht wieder sein besonderes Kulturleben ...”.29 Insofern wird heute “Rechtsgeschichte” folgerichtig auch als “ein kulturhistorischer Grundriss” geschrieben.30 Dahinter steht die Überzeugung, daß “Kultur” und mit ihr der Teilbereich “Recht” nicht mehr nur in der engen Begrenzung einer nationalen Perspektive gesehen und erklärt werden kann, sondern in einer grenz- wie auch disziplinüberschreitenden “integrativen historischen” Betrachtungsweise31 zu behandeln ist. Daraus folgt notwendigerweise die Aufgabe, das Recht in der Geschichte auch in seinem Verhältnis zu anderen Rechtskulturen vergleichend zu betrachten.32 In bezug auf den europäischen Kulturraum sprach hier Claude Lévi-Strauss von einer “coalition de cultures”.33 So ist der Blick auf die Methode der Vergleichung gelenkt, die im Zusammenhang des Tagungsthemas die “Rechts”-Vergleichung nur als “Rechtskulturen”-Vergleichung sinnvoll erscheinen läßt. Damit sind “comparative legal cultures” gemeint, für deren disziplinäre Verselbständigung erst kürzlich Kjell Å. Modeer mit guten Gründen geworben hat.34 Nur aus einer solchen vergleichenden Betrachtung ergeben sich die Unterschiede 27 29 Josef Kohler, Das Recht als Kulturerscheinung. Einleitung in die vergleichende Rechtswissenschaft, Würzburg 1885, S. 5; daraus folgt für Kohler auch die, Coincidenz zwischen Rechts- und Kulturfortschritt (S. 17); vgl. auch Léotin-Jean Constantinesco, Rechtsvergleichung, Band 2: Die rechtsvergleichenden Methoden, Köln 1972, S. 153 f. 30 Vgl. die in diesem Sinne überzeugende Darstellungsmethode von Marcel Senn, Rechtsgeschichte - ein kulturhistorischer Grundriss ..., Zürich 1997, S. 1. 31 Senn, Rechtsgeschichte(Anm. 30), S. 3. 32 Vgl. Heinrich Scholler, Rechtsvergleichung als Vergleich von Rechtskulturen. Ein Beitrag zu Gustav Radbruchs Rechtsvergleichung, in: Strafgerechtigkeit. Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag, hg. von Fritjof Haft (u.a.), Heidelberg 1993, S. 752. 33 Vgl. André-Jean Arnaud, Pour une pensée juridique européenne, Paris 1991, S. 195 f. 34 Kjell Å. Modéer, Rechtskultur im Ostseeraum - rechtshistorische und forschungspolitische Perspektiven (Rede vom 28. Januar 2000 an der Universität Greifswald anläßlich der Verleihung des “Doctor honoris causa”; im Manuskript S. 5); vgl. auch Großfeld, Macht und Ohnmacht (Anm. 4), S. 25. Zum interdisziplinären und diachronen “Kulturvergleich” aus der Sicht des Antikhistorikers vgl. besonders Christian Meier, Die Welt der Geschichte und die Provinz des Historikers, in: Geschichte und Gesellschaft 15 (1989): Politische Sozialgeschichte 1867-1945, hg. von Hans-Ulrich Wehler, Göttingen 1989, S. 147-163 (156-159).

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