Recht eine konservative Note, die einen Vorzug darin besitzt, daß siekulturelle Identität zu bewahren vermag.4 Das progressive Gegenstück besteht in der abrupten revolutionären oder weichen reformerischen Veränderung, deren Gelingen davon abhängt, ob der historische Bedingungsrahmen ausreichend berücksichtigt ist. Faktoren dieser Art werden heute gemeinhin unter dem wenig präzisen - jedoch unvermeidbaren - Begriff der “Rechtskultur” zusammengefaßt.5 Diese wird als identitätsstiftendes oder ausgrenzendes Element benutzt, wenn es darum geht, die Dimension möglicher Rechtseinheit zu bestimmen. Selbst die europäischen Gemeinschaftsverträge sind - wie das Bundesverfassungsgericht betont hat - “auch im Lichte gemeineuropäischer Rechtsüberlieferung und Rechtskultur zu verstehen”.6 Hier ist die Rechtsgeschichte gefordert, zumal wenn sie sich als eine europäische versteht. Ihre Aufgabe kann nicht sein, Rezepte für Rechtseinheit zu liefern, sondern das Bewußtsein von einer Einheitlichkeit europäischer Rechtskultur7 und zugleich von der Vielfalt europäischer Rechtskulturen zu schaffen und zu schärfen, 21 4 Vgl. Bernhard Großfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, Tübingen 1984, S. 8486. 5 Zu den zusammenfassenden Definitionsversuchen und Analysen von “Rechtskultur” vgl. z.B. Kjell Å Modéer, Global and National Legal Cultures, in: Globalization and its Impact - on Chinese and Swedish Society, ed. Cecilia Lindquist, Stockholm 1999, S. 275-291 (277 f.); Richard A. Posner, Cultural Studies and the Law, inRaritan: A Quarterly Review, Rutgers University/New Jersey 1999, S. 42-53, zu Paul Kahn, The Cultural Study of the Law; Jerzy Wróblewski, Legal culture and axiology of law-making, in: Heinz Schäffer (Hg.), Gesetzgebung und Rechtskultur. Internationales Symposion Salzburg 1986, Wien 1987, S. 11-23; Franz Wieacker, Grundlagen der Rechtskultur, in: Tradition and progress in modern legal cultures, ed. Stig Jørgensen, in: ARSP Beiheft 23, Stuttgart 1985, S. 176-190; Vladimir A. Tumanov, Grundlagen der Rechtskultur, ebenda, S. 172-175. 6 Beschluß vom 8. April 1987, in: BVerfGE75 (1988), S. 243. 7 Peter Graf Kielmansegg, Integration und Demokratie,in: Jachtenfuchs/Kohler-Koch Europäische Integration, Opladen 1996, S. 55; Reinhard Zimmermann, Das römisch-kanonische ius commune als Grundlage europäischer Rechtseinheit, in: JZ 1992, S. 9. In diesem Sinne sehen unter anderem auch die Herausgeber der “Zeitschrift für Europäisches Privatrecht” Aufgabe und Zweck dieser Zeitschriftgründung darin, “das Bewußtsein für die europäischen Gemeinsamkeiten im Privatrecht über die sprachlichen und staatlichen Grenzen hinweg zu stärken ...”; vgl. Editorial, in: ZEuP 1 (1993), S. 2.
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