Kindsmordes spricht, gibt diese Aussage kaum Information darüber, wie oft solche Taten in der schwedischen Gesellschaft begangen werden. Auf die gleiche Art kann man sagen, daß die Erkenntnisse der Rechtswissenschaft - die Rechtsgeschichte, die Rechtssoziologie und andere “Randfächer” möglicherweise ausgenommen - eher Fiktionen als Fakten gelten. Muß die Kritik Hägerströms amMangel an Fakten in der rechtswissenschaftlichen Begriffsbestimmung folglich als Generalangriff auf die überkommene juristische Methode aufgefaßt werden? Ist die Fragestellung der Rechtsdogmatik - was ist geltendes Recht? - schlichtweg unwissenschaftlich? Nicht einmal wenn der Begriff Willenserklärung eine rein empirische Definition erhielte würde dies nach Hägerströms Meinung das Problem lösen. Eine solche Willenserklärung würde nämlich nur den Wunsch einer der Parteien, daß gewisse Rechtswirkungen eintreten möchten, beschreiben. Ein solcher Wunsch hat jedoch genauso wenig Bedeutung für das Verhältnis zwischen Rechtsfaktum und Rechtsfolge wie ein Stoßgebet - “Möge es schönes Wetter werden!”18 - die Wettergötter beeinflussen kann. Weder empirische Fakten, noch Darstellungen oder Vorstellungen von fiktiven Zusammenhängen ergeben, nach Ansicht des Philosophen Hägerström, die erwünschte Rechtsfolge, die Parteien zu binden. Anstatt dessen interessierte sich Hägerström für einen in diesen Zusammenhängen oft übersehenen sprachlichen Ausdruck, nämlich den Imperativ.19 Eine typische Eigenschaft von Imperativen - und hier stimmt Hägerström mit Kant völlig überein - ist, daß sie keine Beurteilung oder Darstellung der Willensrichtung einer Partei enthalten. Das 182 18 Op. cit., S. 103 19 Auch in diesen Sinne erinnert Hägerström an seinen Vorgänger in der Geschichte der kritischen Philosophie, Immanuel Kant; auch der letztere legte besonderes Gewicht auf die Funktion des Imperativs in Moral, Ethik und Recht.
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