RSK 4

Wendung sind die Irrtümer - die eigenen und die seiner Vorgänger - Ausdruck für die intellektuelle Triebfeder in dem Prozeß, der zur Revolution der Philosophie führt. Ein schicksalhaftes Drama spielt sich vor unseren Augen ab. Die Erfolge erscheinen in diesem Zusammenhang weniger interessant. Außerdem scheint jeder Erfolg den Samen des eigenen Untergangs in sich zu tragen.8 Kants reflexionsphilosophischer Standpunkt war ohne Zweifel ein wissenschaftlicher Erfolg. Dadurch, daß Wissenschaftlichkeit nicht mehr mit einem besonderen Gegenstand identifiziert wurde, sondern mit der Architektur der Vernunft, war der Widerspruch, den Kant in der Schulphilosophie gefunden hatte, entfernt. Der Philosoph mußte jedoch einen hohen Preis für diesen Erfolg bezahlen: Um zu verhindern, daß die wissenschaftliche Autorität in einer Woge des Skeptizismus unterginge, sah sich Kant gezwungen, die Wissenschaft auf die reine Vernunftwissenschaft zu beschränken. Zudem: Wenn die Vernunft eine eigene, selbstständige Existenz hat, können nicht gleichzeitig Gegenstände der Erkenntnis existieren. Die Disziplinen, die einen oder mehrere Gegenstände beschreiben - wie die Rechtswissenschaft - sahen sich im Stich gelassen. Der Begriff Rechtswissenschaft muß daher als ein Oxymoron aufgefaßt werden. Kants “Fehlleistung” führte mit sich, daß die Juristen außen vor landeten, bedeutete jedoch gleichzeitig eine Herausforderung für die Philosophen der kommenden Generation, für die sogenannten nachkantianischen Idealisten, einen wissenschaftlichen Grund für die objektbestimmten Disziplinen zu schaffen. Hegel und Schelling 174 8 Dieser Gedankengang hat seinen prägnantesten Ausdruck in der Theorie Karl Marx zur gesellschaftlichen Dialektik gefunden, obwohl die Inspiration hierzu sicherlich von Hegel und anderen nachkantianischen Idealisten kam.

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