RSK 4

philosophie, geschult. Im Vorwort zu seiner Kritik der reinen Vernunft pries Kant folgerichtig Wolff, den “größten unter allen dogmatischen Philosophen”3, dessen strenge philosophische Methode immer noch unübertroffen sei. Spielt man mit dem Gedanken, Kant wäre einfach in den Fußstapfen seines Lehrers weitergegangen, liegt der Gedanke nahe, daß er einfach nur ein ruhiges und unbemerktes Leben in Königsberg geführt hätte. Ohne philosophische Irrtümer wären Kant nur eine Fußnote in der Philosophiegeschichte. Das Schicksal hatte jedoch anderes mit Kant vor. Wer oder was Kant aus seinem dogmatischen Schlummer geweckt haben mag, ist zwar umstritten: David Humes Kritik der transzendentalen Philosophie mag zum Beispiel für Kants weitere Entwicklung entscheidend gewesen sein - oder auch nicht. Sicher ist aber auf jeden Fall, daß irgendetwas, das Kant las oder hörte, ihn dazu brachte, zum ersten Male den eigenen philosophischen Standpunkt kritisch zu betrachten. Die Kritik der reinen Vernunft enthüllte, daß die Philosophie sich selber in eine Sackgasse manövriert hatte. Kurz, die Philosophen waren einem Irrtum verfallen, und es wurde die Aufgabe Immanuel Kants, diesen Irrtum zu berichtigen. Worin bestand nun der Irrtum der Schulphilosophie? David Hume richtete, wie auch andere Sensualisten4 des . Jahrhunderts, scharfe 171 2 Axel Hägerström bezeichnete Kants Revolution der Wissenschaft als "die kopernikanische Umwälzung in der Erkenntnistheorie”, in Das Prinzip der Wissenschaft. Eine logischerkenntnistheoretische Untersuchung, Uppsala 1908. S. 77. Siehe auch Kaulbach, Friedrich, Die Philosophie als Wissenschaft. Eine Einleitung zum Studium von Kants Kritik der reinen Vernunft, Hildesheim 1981. 3 Kant, Immanuel, Kritik der reinen Vernunft, Vorwort zur zweiten Auflage,Vorländer (Hrsg), Berlin 1899, S. 34. 4 Zur Begriffsanwendung, siehe Historisches Wörterbuch der Philosophie, Ritter (Hrsg), 9. Bd, Basel 1995, Sp. 614 ff., Stichwort “Sensualismus”: “als Bezeichnung für die Lehre, nach der Erkennen und Handeln allein oder weitgehend von den Sinnesempfindungen bestimmt werden...” und 2. Bd, Basel 1972, Sp. 477 f., Stichwort “Empirismus”: “Als philosophische Reichtungsbezeichnung wird Empirismus durch Kant gebräuchlich, der ‚Empiristen' diejenigen Philosophen nennt die die ‚reinen Vernunfterkenntnisse’ aus der Erfahrung ableiten...”.

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