RSK 4

gebunden ist, muss aus der Wissenschaft eliminiert werden. Die Historische Schule und Stahl brachen mit dieser Tradition. Die Aufgabe der Rechtswissenschaft war nicht nur “um die bloße Einsicht in das Recht zu thun”, sondern sie hatte auch einen praktischen Zweck und wird vor allem zu Gunsten der Rechtsanwendung ausgeübt. Diese Kriterien gehören offensichtlich nicht in die Naturrechtslehre, da dessen Zweck nicht nützlich, sondern vielmehr ausschließlich wissenschaftlich ist. Es war folglich die Aufgabe der Naturrechtslehre, a priori Grundprinzipien im Rechtsbereich festzustellen, ohne Rücksicht darauf, ob etwas als nützlich oder praktisch angesehen werden kann. Das Gewicht des wissenschaftlichen Arguments lag in dessen zeitlicher und räumlicher Universalität, etwas, das den Argumenten Nutzen und Praktikabilität fehlte. Als Stahl erklärte “darum hat sie zu ihrem Gegenstande das geltende (positive) Recht eines bestimmten Volkes zu einer bestimmten Zeit”, bedeutete das, dass Wissenschaft und Positivität verknüpft wurden. Somit war es ausschließlich das veränderliche und national begrenzte Recht, welches den Gegenstand für wissenschaftliche Erkenntnis darstellte. Die Rechtswissenschaft war nichts anderes als das positive Recht, gesehen aus einer bestimmten Perspektive. Die Konsequenz der wissenschaftlichen Betrachtungsweise der Historischen Schule bestand darin, dass die absolute Grenze zwischen Theorie und Praxis, welche die Naturrechtslehre in deren Unterscheidung zwischen Naturrecht und positivem Recht prägte, seine wissenschaftliche Bedeutung verlor. Voraussetzung für diesen rechtspositivistischen Umschwung war die Abwertung des Wissenschaftsbegriffes, was beinhaltete, dass man nicht länger rechtswissenschaftliche Erkenntnis und absolute und ewige juristische Wahrheiten gleichsetzte. Was somit überblieb war historisch gebundenes positivrechtliches Wissen. Man verzichtete auf den Anspruch und damit 144

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=