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stammen und in diesen Ländern für den Schöpfungsprozeß der gegenwärtigen Kulturen immer noch eine wichtige Rolle spielen. Es geht hier um die Autonomie der jungen Demokratien in den ehemaligen Kolonien. Man spricht hier buchstäblich von “Uns und den Anderen” (“We and the Other”). 20 Von einer solchen Postkolonialität kann man freilich auch in bezug auf den Ostseeraum sprechen. In den ehemaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion versucht man nicht nur, neue demokratische Ideale zu implementieren - man ist immer noch in der Mentalität und den Attitüden der totalitären Periode befangen. Auch die Juristen in diesen Territorien sind in den zögernden Veränderungsprozeß der Rechtskulturen mit einbezogen. Trotz Verfassungsänderungen und Bodenreformen lebt man in den postsowjetischen Ländern weiterhin mit Gesellschaftstrukturen und bürokratischen Organisationen, mit rechtlichen und sogar religiösen Ritualen und Liturgien, die zu älteren Strukturen gehören. Sie bilden also nicht in erster Linie eine Einheit mit den normativen Veränderungen. Gewiss - Postmodernität, Postkolonialismus und Kolonialität sind Modewörter. Sie weisen aber auch auf einen neuen Weg aus der Modernität des . Jahrhunderts und dem Europazentrismus der neunziger Jahre. Ebenso zeigen sie der rechtshistorischen und rechtskulturellen Rechtsvergleichung, wie man - wie der portugiesische Rechtssoziologe Buaventura de Sousa-Santos sagt - versuchen sollte, in einer neuen Geojurisprudenz die mentalen rechtlichen Karten (mental legal maps) zu zeichen.21 Versehen wir diese juristische Geologie von Anfang an mit anderen kulturellen Rastern, so erhalten wir nicht nur einen anderen Atlas, sondern - hoffentlich - auch neue 106 20 Eve Darian-Smith & Peter Fitzpatrick, Laws of the Postcolonial, Ann Arbor The University of Michigan Press 1999. 21 Buaventura de Sousa Santos, Toward a New Common Sense: Law, Science and Politics in the Paradigmatic Transition, Routledge 1995. - Vgl. auch Derselbe, Law: A Map of Misreading. Toward a Postmodern Conception of Law. Journal of Law and Society 1987.

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