den drei iger Jahren war vergleichendes Recht an den europäischen Universitäten eine Disziplin, die imwesentlichen von deutscher Rechtswissenschaft und französischer Gesetzgebung geprägt war. Diese europäische Tradition wurde jetzt in den Vereinigten Staaten rezipiert. Die deutschen Juristen der Emigration wurden zu einem wichtigen Teil der amerikanischen Juristenkultur. Sie kamen gerade zu jener Zeit in die USA, als dort der Kontext von Rechtsrealismus und “Law in action” des “New Deal” entwickelt wurde. In Amerika hatte damals das Fach Rechtsvergleichung keine Tradition. Die deutschen Juristen, die in die Emigration gegangen waren, brachten jedoch ihre diesbezüglichen Kenntnisse mit und machten das Fach zu ihrem speziellen Arbeitsgebiet, so”Max Rheinstein in Chicago, Rudolf Schlesinger in Cornell, Albert Ehrenzweig und Stefan Riesenfeld in California/Berkeley, Kessler in Yale und Ernst Rabel und Stein in Ann Arbor/Michigan.”16 Ich nenne hier zwei Beispiele: Max Rheinstein und Rudolf Schlesinger. Es war vorzüglich Max Rheinstein, der Max Weber in Amerika zu Ruhm verhalf. Seine Übersetzung von Webers “Wirtschaft und Gesellschaft” wurde zu einer Voraussetzung für die erfolgreiche “Law and Society”-Bewegung der amerikanischen Law Schools der Nachkriegszeit. Zwei seiner Schüler, Lawrence M. Friedman, Stanford (der übrigens die Druckfahnen der Übersetzung von Max Webers Arbeit las) und Mary Ann Glendon, Harvard, vermittelten der heutigen Juristengeneration sein wissenschaftliches Erbe. Rheinstein wurde ein bedeutender Repräsentant der funktionellen Schule. Seiner Meinung nach sollte der Rechtsvergleicher nicht nur formaljuristische Begriffe und Gebilde vergleichen. “Der heutige Rechtsvergleicher geht funktional vor”, stellte er fest. “Unausweichlich sieht [er] die Rechtsordnungen nicht mehr als frei im Raum schwebende Gebilde. Er weiß um ihre gesellschaftliche Bedingtheit. Er weiß, daß alleRechtsordnungen, alle Rechtsinstitute, alle Gesamtwertungen der 100
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=